Was mit der Kamera fotografiert, mit Bildbearbeitung poliert und/oder mit dem Satzprogramm ins passende Format und Layout gebracht wird, will auch in Zeiten digitalen Publishings gerne und zum Glück noch immer gedruckt werden. Während die klassische Zeitung in aller Welt unter dem viel zu schnell newsausliefernden Internet ächzt, verlangt beispielsweise die Verpackungsindustrie nach wie vor und ungebremst nach bunter Farbe auf Papier und Karton. So gab und gibt es in der Druckindustrie ebenso Grund zur Sorge wie Anlass auf berechtigte Hoffnung. Einschnitte hier, Wachstum da. Solange die drupa aber weiterhin zu einem hallenfüllenden Mega-Event ausufert, werden sich die Walzen, wenn auch nicht mehr so fröhlich wie dazumal, sicherlich weiterdrehen.
Windmöller & Hölscher zum Beispiel adressieren mit einer neuen Tiefdruckmaschine ein Problem, das dem Massendruck seit Jahren schwer im Magen liegt: Viele Druckaufträge wollen von der benannten Masse gar nichts mehr wissen, stattdessen sind oft kleine Auflagen gefragt. Dumm nur, dass gerade der Tiefdruck zwar exzellente Druckqualität bei extrem hohem Durchsatz liefert, aber sich nur dann lohnt, wenn die Stückzahl in die Zehn- bis Hunderttausende geht. Ein Marathon-Läufer quasi, der es gar nicht mag, angehalten zu werden, weil er dann zeitaufwendig wieder aufgepeppelt werden muss, um für die nächste Runde in Fahrt zu kommen.
„Halbierte Jobwechselzeit“ und ausgelegt auf „hohe Wirtschaftlichkeit auch bei kurzen und ultrakurzen Druckaufträgen von unter 3.000 Metern“ – so will Windmöller & Hölscher mit der Dynastar bis zu acht Farben in Windeseile kompatibel für die Kurzstrecke machen.
Und was ist mit dem Offset? Da wäre zum Beispiel die Speedmaster XL 106 der Heidelberger Druckmaschinen AG. Eine „Weltpremiere der neuen drupa Generation“, die sich den veränderten Anforderungen von „Akzidenz-, Verpackungs- und Etikettendrucker“ anpassen möchte. Auch hier gilt: Geringere Auflagen erfordern Maschinen, die geringere Auflagen nicht nur können, sondern auch wirtschaftlich können. Die zugrunde liegende Technologie bleibt im Wesentlichen, was sich jedoch ändert, ist die Effizienz der Bedienbarkeit. Prozesse, die vorher nacheinander abliefen, können jetzt parallel stattfinden. Während beispielsweise die Farbwerke gewaschen werden, kann gleichzeitig ein Lackplattenwechsel erfolgen. Kurzum: Alles wird so weit automatisiert, dass auch die Umrüstzeit des Offsetdrucks auf ein Minimum schrumpft. Druckauftrag rein. Drucken. Druckauftrag raus. Umrüsten. Nächster Druckauftrag rein. So geschwind wie nur irgendwie möglich!
Jene Technologien, die genau diesen fixen Umschwung von Auftrag A nach Auftrag B beherrschen, kämpfen nun wiederum am anderen Ende dieser Kriterien-Skala. Der Tintenstrahldruck und die Elektrofotografie (Laserdruck) sind für Wohnung und Büro perfekt – platzsparend und auftragsmäßig absolut flexibel. Einen Brief geschrieben? Dann schnell mal ausdrucken und ab damit in die Post! Ein Layout entworfen? Dann fix mal testen, wie es auf dem Papier aussieht!
Seit der drupa 2008 und spätestens seit der drupa 2012 dringt vor allem der Tintenstrahldruck in Sphären vor, die zuvor eigentlich kein Tropfen wirklich sehen sollte: Plötzlich sollte das Digitalverfahren Dinge herstellen, die Neu- und eindeutig Offset-Land waren (und in vielen Fällen noch immer sind). Die Herausforderungen hier stehen nun allerdings denen von Offset- und Tiefdruck im Prinzip genau entgegen: Zu langsam im Druck, unzureichende Druckqualität und ein Prozess, der mit jeder Düse eine erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit mit sich bringt.
Das galt – doch während sich Tiefdruck und Offset mit ihrer hohen Qualität an die geringen geringeren Auflagen heranpirschen, schickt sich der Inkjet-Druck mit jeder neuen Entwicklung an, in puncto Qualität und Geschwindigkeit nachzulegen. Mittlerweile können Tropfen ausgestoßen werden, wobei eine native Auflösung von 1200 dpi erreicht wird. Bogen für Bogen ein neues Bild, hier zum Beispiel die Primefire, eine Kooperation der Heidelberger Druckmaschinen und den Druckkopf-Lieferanten von Fujifilm (ab Minute 1:15, davor gibt es noch andere Impressionen von der drupa):
Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann
Morgen ist letzter Messetag und auch danach wird das Papier mit Sicherheit weiterhin durch Maschinen laufen, mit Farbigkeit versehen und in Printprodukte verwandelt werden – die Druckindustrie, so könnte man es aus der Ferne versuchen zu resümieren, geht ihren Weg. Neue Pfade. Neue Möglichkeiten.
Euer Jens
Foto Vorschau und Titel: Messe Düsseldorf / ctillmann