Viele glauben sie können bei (micro)Stockagenturen endlich mal Geld für ihre tollen Bilder bekommen, die ja sowieso nur auf ihren Festplatten rumlungern.
Denn genau dies geht mit microstock meist nicht.
LG Chris
PS. und das hat jetzt nichts mit Denken aus Analogzeiten zu tun
Generell klappt das bei mir ganz gut.
Und das hat ganz eindeutig mit Digitalzeiten zu tun.
Weder hätte ich in den frühen Analog-90ern für echte Kosten Abzüge für Agenturen ins Blaue gemacht, noch hätte ich als Semi-Pro damals überhaupt einen Termin vor Ort bekommen, noch hätte ich Lust gehabt mich in Gesprächen regelmäßig devot-blöde als Nicht-Fotografen neben Fotografen anzudienen. Daraus bestand - für mich zumindest - recht viel Analogleben in den 90ern. Obwohl ich damals fototechnisch ähnlich Semi ausgestattet war, wie ich es auch heute bin. All solche Sachen wurden doch weitgehend im Schatten der Person betrachtet und nie für sich selbst. Erst bei solchen Bildagenturen hat man einfach das passendste Foto erworben - egal, ob der Autor nun Schuster, Fotograf oder inhaftierter Serienkiller ist. Den gleichen Mist gab's überall, etwa bei Büchern: ohne Verlag/Lektor kein Marktzugang, bei Musik: ohne Plattenfirma kein Geld für's damals teure Studio. Ich biete heute Songs an, bin an digitalen Fachmagazinen (ohne Verlag, einfach ab zu Amazon) beteiligt und mache eben so auch Fotos und Videos.
Ich fühle mich mit meinen angebotenen Daten und einem "Kaufs oder Lass-bleiben"-Ansatz ohne Geschacher, Gelaber und ewigen Frage, ob ich den einen oder anderen Beruf ordentlich gelernt hätte (weil wenn nicht: dann muss man das ja billiger abgeben etc.), wohler. Damit will ich aber niemand nehmen, dass er sich mit Art Directoren von Angesicht zu Angesicht wohler gefühlt haben mag. Natürlich wird der eine oder andere Besitzstandswahrer davon auch bedroht. Ein zwar gelernter aber womöglich schlecht organisierter Schneider hat nunmal kein Recht darauf mehr Design-Sofa-Kissen bei Dawanda (wieder so ein Stock, diesmal für Hardware im Kunst/Handwerksbereich) zu verkaufen als ein junger ungelernte Häkler, der einfach schöner häkelt. Früher hätte die Handwerkskammer letzterem das kommerzielle Häkeln verboten - so wie vielen hier auch das Fotografieren. Ein klassischer Fotograf könnte hier auch das Gefühl bekomme, dass er wegen der Konkurrenz etwas verliegt. Typfrage, ich bin wohl einer dieser Digital Natives, wenn auch etwas zu alt dafür.
Zumindest reiche ich mit ohnehin vorhandener Infrastruktur - letzten Endes: DSL-Anschluss - bei diversen gut verkaufenden Agenturen Material ein, dass ich für aussichtsreich halte. Das kostet mich etwas Zeit (selektieren und verschlagworten), sonst nichts.
Ich lade es hoch und jemand klickt "go" oder "don't want", fertig.
Was bei Microstock tatsächlich nicht klappt: beliebige abstrakte Absonderlichkeiten, in die man sich verliebt hat, hochzumüllen und auf gut Glück mal zu sehen, ob das Goldgraben geklappt hat. Mit dieser "ist das Kunst oder kann das weg"-Liga können Stock-Agenturen tatsächlich nichts anfangen. Hier geht es um Material, dass meist Verkaufsvorgänge und Werbung unterstützen kann. Nichts gegen Kunst - aber damit holt man sich bei den Microstockbuden eben eine blutige Nase nach der anderen. Die leben von Business-Material und nicht von Bildkunst. Eher zufällig liegen beide Medien in ähnlichen Dateiformaten vor. Das führt wohl auch zu den Missverständnissen. Microstocks haben nie behauptet, dass jeder Alles einreichen soll. Im Gegenteil - die machen viel um ehrlich klarzustellen, was man dort besser gar nicht einreichen sollte. Das kostet die am Ende ja auch nur Selektierarbeit. Trotzdem bekommen die unendlich Liebhaberei hochgeladen, weil viele Leute scheinbar keinen Plan haben, wo man es sonst hochladen sollte.
Das ist als würde man Edeka Rembrandts anbieten. Es hat mit Rembrandts Qualitäten nichts zu tun: dafür ist ein Massenhändler einfach nicht da. Und auch ein Rembrandt würde Edeka nicht umerziehen, weil er nunmal tolle Bilder für hohe Preise malt. Für solche Unikate müsste ja auch Edeka erst ein geeignetes Handelsformat erfinden.
Natürlich gibt's da im Digitalen auch etwas für: seen.by, Lumas und ähnliche.
Vielleicht liegt da ja auch ein Missverständnis vor: natürlich sind die Microstocks Fotolia, Shutterstock etc. aufgrund deren Marketingaktivitäten allgegenwärtig, wenn man nach Fotoagenturen sucht. Darum sind die aber nicht für jegliche Art von Fotografie zuständig. Wer hochexklusive Spitzenfotos hat - etwa von bekannten Persönlichkeiten oder exklusiven Umgebungen, Filmsettings (inkl. Freigaben) - kann auch bei der richtigen Stockagentur 700 Euro pro Bild und Verkauf bekommen. Damit muss man dann aber eben zu einer Makrostockagentur, die gibt's ja auch, z.B. Corbis. Natürlich ist das Genehmigungsverfahren deutlich komplizierter. Da verhandelt man wieder bildweise um Auflagen, Gültigkeitsdauer der Lizenz, zeitweilige Exklusivität - all den Kram, der mir persönlich anstregend und zuwider ist (das ist bei mir eben das kleinste von 4 Geschäftsfeldern, ich hätte gar keine Zeit sowas 40 E-Mails und 10 Telefonate lang für ein Bild von Joachim Gauck auszudealen. Hochladen, warten und Schluß, das schaffe ich).
Kollegialität kann man auch bekommen. Dafür gibt es z.B. lokale Midstocks wie Westend61. Hier reicht man nicht nur Bilder ein. Wenn man besondere Sessions wie etwa Bilder in einem Operationssaal machen möchte, kann man für gute Ideen auch Geld für das Setup gesponsert bekommen. Dafür möchte die Agentur dann eben die Bilder 1, 2, 3 ... Jahre exklusiv oder zu einem bestimmten Vorzugspreis. Auch diese Bilder werden dann zu höheren Bildpreisen angeboten. Das können sicher auch mal über 100 Euro pro Bild bzw. für den Fotografen auch mal 60, 70 Euro sein. Dafür ist die Reichweite einer weniger bekannten Agentur eben wieder kleiner als bei den bekannten Micro-Giganten.
Rein finanziell bleibt es bei der alten Rechnung: am Ende des Jahres 2 Mal stolze 70 Euro oder 800 Mal einen Euro.
Auch hier wieder: Typfrage. Bei den Micros gibt man Bilder ab, fertig. Keine Telefonate, keine Anregungen, kein Austausch. Das regelt man selbst in seiner eigenen Firma, sei es auch 1-Personen-Firma was man macht, wann, wie, mit wem usw.
Der Midstock-Fall ist sicher schon wieder mehr Semi-Digital/Analog: da wird über die Bilder auch mal richtig gesprochen und man bekommt sicher auch mal gesagt, was gerade oft angefragt wird und eine sinnvolle Session wäre. Fühlt sich mehr an wie "in einer Szene" sein.
Jedem das seine geht meiner Meinung nach schon, man muss aber zu sich passende Partner finden. Ohne Fotolia jetzt groß in Schutz nehmen zu wollen (ich gehöre nicht zu denen, ich bin da auch nur ein kleiner Anbieter und habe da jetzt eigentlich keinen Grund zu): selber einfach "irgendwas mit Fotos" machen, sich in Ermangelung besserer Ideen dann zuerst diese Laden für das eigene Glück für zuständig erklären und später das ganze Prinzip für unmöglich zu erklären, weil sich der Laden den eigenen Vorstellungen gar nicht unterordnet und frech die eigenen tollen Bilder ablehnt ... wer die Kausalkette erlebt hat, hat auch einen eigenen Anteil. Auch Rembrandt kann Edeka beliefern - dafür muss er aber eben etwas produzieren, das dort auch ins Sortiment passt. Ansonsten muss er sich die passende Galerie suchen - das geht ja auch.
Der Schluss das ganz Edeka nicht funktioniert, nur weil die die höchstoffiziell doch als wertvoll zertifizierten Rembrandts nicht wollen, wäre - aus meiner Sicht - etwas ungenau.