Wir schreiben den 11. Juni 1997. Ein Mädchen namens Sophie schickt sich an, das Licht der Welt zu erblicken. Doch noch lässt sie auf sich warten. Zeit, die der werdende Vater damit verbringt, eine Idee zu finalisieren, die durchaus als revolutionär bezeichnet werden kann.
Sein Plan: ein Foto der alsbald Neugeborenen mit einem Handy aufzunehmen und dann per E-Mail in alle Welt, zumindest jedoch an Freunde und Familienmitglieder zu verschicken. Was nun heute nach einigen wenigen Fingerbewegungen verlangt, war vor ziemlich genau 20 Jahren ein die Software wie Hardware forderndes Erstlingswerk …
Die Vorarbeit: Server-System, Kamera-Laptop-Verbindung und ein Handy
Bereits Mitte 1996 begann Kahn damit, die Grundlage dafür zu schaffen. Er erstellte ein Web-System, das es erlaubte, Bilder samt Text-Anmerkungen sicher und zuverlässig hochzuladen – mit anderen Worten: Kahn richtete sich das ein, was man heute auch gerne als Cloud bezeichnet. Außerdem war man mit dem System in der Lage, einen Bild-Link an eine gespeicherte Liste von E-Mail-Empfängern zu verschicken – und diese Empfänger durften das Bild dann sogar noch kommentieren.
Kahn führt dazu aus, dass dieses grundlegende Prinzip, welches er als „Instant-Picture-Mail“ beschreibt, heute für all die Social-Media-Kanäle nach wie vor in ähnlicher Weise Anwendung finde: Bild hochladen, andere davon wissen und sie dann fröhlich kommentieren lassen.
Soweit das architektonische Software-Grundgebäude. Fehlt noch die Hardware: „Zum ersten Mal gab es 1997 eine erfolgreiche und weithin verfügbare Digitalkamera zu einem moderaten Preis – die Casio QV“, schreibt Kahn weiter. Diese war in der Lage, Bilder mit einer Auflösung von 320 x 240 px aufzunehmen.
Außerdem feierte zur etwa gleichen Zeit das erste Klapphandy der Welt – das StarTAC von Motorola – gerade seinen Siegeszug in den Vereinigten Staaten. Dieses bot gleich noch eine Freisprechanlage für das Auto.
Mit der Kamera war es für Kahn nun schon einmal möglich, Fotos mithilfe eines Kabels zu seinem Laptop zu übertragen, einen Toshiba Satellite Pro 430CDT. Allerdings fehlte die Verbindung zwischen Laptop und Handy, die es ermöglichen sollte, seine Bilder über beschriebenes Web-System mit anderen zu teilen.
Bildquelle: (fullpower)
Die letzte noch fehlende Verbindung
Wir sind zurück am 11. Juni 1997. Man erinnere sich: Die Geburt von Kahns Tochter steht bevor, doch noch verbleiben Stunden, die genutzt werden können. Kahn hat Laptop, Kamera und Handy vor Ort dabei, daheim läuft das Server-System. Mit dieser Ausstattung kann er ein Foto aufnehmen und er kann es an den Laptop schicken. Auch hat er bereits ein Programm geschrieben, mit dem er das Foto potenziell an den Server und damit an entsprechende E-Mail-Empfänger übertragen kann. Jedoch: Es gibt keine Verbindung zwischen Laptop und Handy und damit auch nicht mit dem Server.
Da erinnert er sich an die Freisprechanlage seines Handys, die er kurzerhand zerlegt, um aus dem gewonnenen Kabel eine Verbindung zwischen Handy und Laptop herzustellen. Alles ist vorbereitet ...
Sophie wird geboren – und da war es also, das erste Handyfoto der Welt, das um selbige versandt wurde. Das Bild wurde im Jahr 2016 vom (). Die Geschichte um die Entstehung des Fotos wurde im folgenden Clip verfilmt, in dem dem Philippe Kahn selbst du Wort kommt:
Euer Jens
Bildquelle Vorschau und Titel: (fullpower)