AW: Was haltet ihr von Adobe Muse?
Interessanter wäre vielleicht, was Du selbst vorhast. Also: willst Du in Technik einsteigen - z.B. Web-Programmierung lernen - oder einfach eine Website mit Funktionalität XY haben (äquivalent: auch solche Webseiten/Systeme an Kunden liefern).
So allgemein kann man nämlich nix davon richtig beantworten.
Zu Websites: kaum noch jemand programmiert das heute noch zu Fuss. Auch die Lieferanten/Anbieter nehmen heute zumeist ein Content Management System. Die Ebene der eigenen Programmierung (wenn sie überhaupt noch vorkommt) beschränkt sich dann darauf einige Punkte im CMS, dem Template oder einem Plugin anzupassen. Wenn Du zu Fuss auch nur etwas z.B. mit dem Komfort eines nackten frei erhältlichen WordPress entwickeln wolltest (bei dem der Kunde dann auch selbst Inhalte ergänzen kann anstatt immer vom Entwickler abhängig zu sein, das Design trotzdem stabil bleibt, ein Riesen Statistik-Backend einfach mal so eingehakt werden kann etc.) müßtest Du tausende Euro in Rechnung stellen. Das zahlt Dir natürlich kein Mensch mehr. HTML für sich ist hier überhaupt keine Arbeitsebene, mit der Du wirklich weiterkommst. Sondern: PHP-Code generiert HTML, dessen Darstellung von CSS gesteuert und von JavaScript/ECMAScript unterstützt wird.
Eigener Code zieht unweigerlich Wartung nach sich. Praktisch liegt die Fehlerquote eines Menschen ohne erweitertes Testmanagement samt Unit-Tests etc. bei etwa 5% (man macht also ca. 4 - 10 Fehler je 100 Zeilen, egal welcher Art - Darstellung, Funktionalität etc.). Den meisten Leuten, die vom Programmieren reden, ist nicht klar, welche Schulden sie hier gegenüber Kunden anhäufen, wenn jemand tatsächlich 15000 Zeilen gehackt hat und gegen Geld lizensiert. Nämlich im schlimmsten Fall gerne rund 1000 Fehler. Sind die dummerweise so gelagert, das sie auffallen kann man für eine kleine Website, die man in einigen Tagen hingehunzt hat, glatt ein Jahr im Rahmen der Gewährleistung korrigieren. Wenn man das z.B. nicht via Support-Klausel abgesichert hat, arbeitet man also gut ein Jahr ohne Geld (drei Fehler am Tag ...) oder zahlt dem Kunden nach ein paar Wochen die 1200 Euro zurück (die zuerst noch viel klangen ...). Nicht umsonst kostet Support für Softwarte im Business-Umfeld immer zwischen 10% und 20% des Anschaffungspreises jährlich. Aber auch die Kalkulation klappt nur, wenn der ausgelieferte Code schon deutlich fehlerärmer ist. Kurzum: auch gegen den sogenannten Wartungstod (=an den Korrekturen einer ausgelieferten Software im Betrieb Pleite gehen) hilft es ausgereifte, mächtige Software zu konfigurieren anstatt unausgereifte ohnmächtige überteuert anzubieten.
Ist es überhaupt sinnvoll sich die HTML Codes zu ersparen wenn man sich länger mit dem Thema Webentwicklung beschäftigen will?
Aus meiner Sicht: ja. Solange man nicht etwas so Einzigartiges benötigt, dass es sich nicht vermeiden lässt. In dem Falle muss man eben. Eigene Software erstellen erfordert heute viel Erfahrung und ein hohes Maß an Methodik. Mit der Darstellungssprache HTML alleine erreichst Du kaum etwas von dem, was ein Kunde heute von einer Website erwartet. Aufgrund der heute üblichen Desktop-Funktionalität im Web mit Drag&Drop, Popup-Menüs etc. gibt es daher stärker als früher zwei Schichten von Web-Entwicklern: die einen bieten Kunden eher wie oben beschrieben Systeme an, die auf Open-Source-CMS basieren und mehr oder weniger stark angepasst sind. Die anderen sind Technik-Spezialisten und entwickeln solche Systeme oder Templates und Plugins dafür. Da ist aber ebenfalls HTML als solches überhaupt nicht der Rede wert. Anschaulich ist vielleicht die Bibliothek jQuery, die viele Bedienelemente für Websysteme enthält. Einige Leute wollen eben diese Elemente nutzen oder stellen das Kunden zusammengesteckt zur Verfügung. Andere Leute haben Spaß an dem tieferen Einstieg in die Technik und haben eben jQuery gemacht - auch das musste ja entwickelt werden (... und muss es weiterhin).
Kann man mit Adobe Muse auch Funktionen wie Forumstrukturen oder Gästebücher erstellen, also etwas was über das reine anschauen des Besuchers hinausgeht? Hab ich noch nicht gefunden
Selbst wenn: siehe oben. Für solche Allerwelts-Funktionen nimmst Du für Dich oder Kunden ein fertiges System, etwa WordPress und eine Handvoll Plugins und das Ganze läuft nach ein paar Stunden. Für Foren gibt es ebenfalls fertige Systeme, die wirklich alles haben, was man sich so vorstellen kann.
Je nach zu erwartendem Traffic kann man die Software und den Server dazu dann wählen. Insbesondere ein passender Server bleibt Dir dabei ohnehin kaum erspart.
Du wirst bei so etwas schon alleine an einem
ansehnlichen Template zur Darstellung länger schlecht hacken, als die gesamte Einrichtung mit einem fertigen System kostet. Die meisten dieser System sind Open Source also kostenlos verfügbar. Der letzte Grund etwas selbst zu machen - erdrückend hohe Lizenzgebühren - fällt damit nun auch weg.
Am Ende die Frage vom Anfang: was willst Du machen? Verstehen, wie man Foren-Software schreibt - dann: lernen, wie man Foren-Software schreibt. Oder ein Foren-System zum Austausch des Themas XY betreiben und die Technik einfach nutzen? Dann solltest Du einen Server mieten, passende Foren-Software suchen, ein paar grundlegende Admin-Kentnisse (... und ein paar Rechtskentnisse vielleicht ...) erwerben und loslegen. Für Kleinst-Foren gibt es auch Anbieter, die das sogar hosten, ich meine auch kostenlos.
Zur eigentlichen Frage ...
Was haltet ihr von Adobe Muse?
Wäre vor 15 Jahren - vor der starken Spaltung in Techniknutzer und Entwickler sowie ohne die heute üblichen CMS - der Hammer gewesen. Heute sehe ich keinen richtigen Sinn in diesem Ansatz. Richtig entwickeln lernen geht. Die mächtigen Systeme richtig einsetzen lernen ist auch ein gangbarer Weg. Der Muse-Weg klingt mir nach "nix Richtiges lernen und nix Richtiges rausbekommen." So Kleinst-Sachen wie Bildergalerien mit eigenen Überblendungen kann man da dann selbst wohl ganz gut zusammenstecken. Ja prima - womit man so etwas zusammensteckt ist eigentlich egal.