AW: Home - Was kann ich aus dem RAW noch rausholen
Gibts eigentlich irgendwo eine mathematische Begründung, was Fibonacci und logarithmische Spiralen mit Ästhetik zu tun haben? Mir kommt das immer als vom Himmel geholt her, überall wird nur behauptet "dass es halt so sei" oder mathematische Formeln auf historische Kenntnisse zurückgeführt, insbesondere letzteres ist ja schon fast esoterischer Natur.
Ästhetik ist nicht wirklich mathematisch begründbar. Man kann allenfalls versuchen, das ästhetische gemeine Empfinden aus der permanenten Interaktion mit dem Verhältnis 1 zu 1,618irgendwas abzuleiten.
Ich führe die Geschichte hier eigentlich an, weil ich gerade bei solchen Motiven eine formale Ausarbeitung bevorzuge. Bei der Bewertung eines Bildes unter formalen Aspekten is der "goldene Schnitt" halt immer die erste Krücke der Orientierung, will meinen, das man unter Beachtung von Fibonacci zunächst nichts falsch macht.#
@Universalismus:
Wenn Du nach der Group f64 suchst wirst Du keine Fotos finden, die Deinem entsprechen. Gib bitte hierzu Ansel Adams oder Edward WEston in der google-Bildersuche ein.
Achte bitte gerade bei Nahaufnahmen von Adams darauf, dass die Aufnahmen bewußt sehr zweidimensional gehalten sind und das dadurch oft die Bildwirkung entsteht.
Gruß
TID
Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zum ästhetischen Empfinden von Menschen. Allen ist gemein, dass es tatsächlich möglich ist mathematische Modelle heranzuziehen, wenn es darum geht Ästhetik zu beschreiben, die der Mensch voraussichtlich empfinden wird. Allerdings weichen die ermittelten Werte kulturell voneinander ab, was einen soziologischen Faktor in die Rechnung einbringt, der bei Aussagen zum Thema nicht immer erwähnt wird.
Die berühmten 90-60-90 ergeben einen Hüft-Taille-Index von 0,66. In Europa haben Untersuchungen gezeigt, dass 0,7 im Mittel als ideal empfunden wird. Die 0,66 entstammen der Zeit, als in Amerika vermehrt Magazine auf den Markt kamen, die hüllenlose Frauen zeigten und werden auch heute noch von Amerikanern bevorzugt. In anderen Teilen der Welt, also nicht europäisch geprägten Kulturen, gilt beispielsweise dick sein als schick (was einen Hüft-Taille-Index deutlich > 1 ergäbe).
Allerdings haben sich auch kulturübergreifende Merkmale etabliert, die sich mathematisch so beschreiben lassen, dass beispielsweise Computer jederzeit ein Gesicht errechnen können, das als schön empfunden wird. Es gibt also nachgewiesenermaßen Proportionen, die allgemein (auch über Kulturen hinweg) als ästhetisch empfunden werden.
Was allerdings in diesem Zusammenhang noch nicht erforscht wurde, wäre der Einfluss von Medien auf unser ästhetisches Empfinden. Dass Medien unsere Sehgewohnheiten beeinflussen, wissen wir, aber Vergleichszahlen in wie weit sie das auch bezogen auf ästhetisches Empfinden tun, kenne ich aktuell keine, was nicht bedeuten muss, dass es sie nicht gibt. - Das hätte dann ggf. die Selbsterfüllende Prophezeiung zum Ergebnis.
Für unseren europäischen Kulturraum ist der Goldene Schnitt durchaus ein sehr genauer Maßstab, wenn es um bejahende Wahrnehmung geht, natürlich darf man nach dem Komma schon mal ein, zwei Zehntel zugeben oder abziehen, um Schwankungen ein wenige auszugleichen.
Wenn man dies als allgemein anerkannten Proportionen bei der Anlage eines Bildes berücksichtigt, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich größer, dass das Bild hinterher auch gefällt. Natürlich lassen sich die Zahlen auch in Bildern finden, die schlichtweg durchgefallen sind, was wiederum belegt, dass die Zahlen alleine noch kein als ästhetisch empfundenes Bild ausmachen, sondern Inhalte eine große Rolle spielen. Hier kommt dann einerseits der kulturelle Hintergrund zum Tragen, der bestimmt Bilder als "unmöglich" klassifiziert, aber noch viel stärker persönliche Abneigungen.
Allerdings ist in den sogenannten Meisterwerken immer sehr viel wissenschaftlich belegtes Zahlenmaterial zu finden. Wie überhaupt in den Bauplänen der Natur immer wiederkehrende mathematische Verhältnisse zu finden sind, die über Jahrmillionen aufgebaut durch Versuch und Irrtum (die Mutationen sind letztlich nichts anderes als lange Versuchsreihen) einen hohes Maß an Wahrscheinlichkeit beinhalten, dass ein Ideal erreicht ist.
Und wenn ein Bild gefällt, das sich mathematisch gar nicht beschreiben lässt, bleibt immer noch die Aussage, dass es genau deswegen gefällt, weil alle Regeln missachtet werden. - Was jetzt allerdings kein Freibrief sein soll an Bilder nur das Kriterium "schön" anzulegen, wenn es um die Beurteilung geht.