AW: Mit der Bitte um eure Kritik
hallo,
das technische wurde ja schon erwähnt. was das bild an sich angeht, da fehlt mir ein bisschen die tiefe. an manchen tagen im verlauf eines lebens besteht die körperliche höchstleistung darin, einen marathon zu laufen und an anderen besteht sie darin, eine schnabeltasse hochzuheben.
das heißt aber nicht unbedingt, dass das ein entweder oder ist. entweder ist da lebensfreude oder düsteres grau. wenn man sich mit schwerkranken unterhält (krebs oder damals, als das noch ein sicheres todesurteil war, aids), hört man oft, dass die krankheit es einem ermöglicht, das leben ganz anders wahrzunehmen und eine ganz andere lebensfreude zu entdecken. nämlich nicht die großen, tollen ziele, die irgendwann erreicht werden, sondern das leben, das sich direkt in mir und um mich herum abspielt. all der kram, den man meint anhäufen zu müssen (haus, auto, elektrokram, personen, status etc.), hat letztendlich keine bedeutung, weil man eh nichts mitnehmen kann. aber wie schön kann es sein, einfach einer amsel zu lauschen oder einfach nur vorbeiziehende wolken zu beobachten und dabei das leben an sich zu spüren und sich selbst nur als einen teil von etwas viel größerem zu erleben. das kann man auch in einer krankheitsphase, vielleicht gerade dann sogar besser, weil man nicht mehr in der lage ist, den ganzen karotten vor der nase hinterherzulaufen und zu meinen, irgendwann wird das glück, so wie ich es mir vorstelle, schon kommen (und vor allem bleiben).
auf das bild bezogen hieße das, dass das kein entweder oder ist. entweder ist alles strahlend und bunt oder trist. für eine pflanze gehört das verblühen der blüte wesentlich zum leben dazu. die blüte ist nicht endziel der pflanze. in dem bild ist es so dargestellt, als ob das blühende das eigentliche ist. ist das tatsächlich so? wie du auch an der wiese siehst, steht die genauso da wie vorher, nur grau überlagert. man könnte meinen, ein zyniker sei am werk. aber egal was passiert, das leben an sich geht weiter. wenn ich also nicht mehr auf das vergängliche fokussiere, sondern das leben an sich in mir (und im andern) entdecke, gewinnt das leben eine ganz andere dimension.
und das ist eine der chancen, die in einer krankheit liegen. eine erinnerung daran, was wirklich wichtig ist. nicht die person im vordergrund mit ihren vergänglichen zielen, sondern das leben selbst.
insofern gehört der wechsel der formen an der oberfläche (von denen ich nur eine vorübergehende bin) ganz einfach dazu. oder, wie jemand anders das so schön formuliert hat:
ich leb und waiss nit, wie lang,
ich stirb und waiss nit, wann,
ich far und waiss nit, wohin,
mich wundert, dass ich froelich bin.
(martinus von biberach, wer auch immer das war, zugeschrieben)
wenn du die vergänglichkeit selbstverständlich miteinbeziehst, dann kann dein bild ganz anders aussehen.
gruß
rerosch