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Nikon und die Turbulenzen

Wiederholt schlechte Nachrichten aus dem Unternehmen

Nikon befindet sich im 100. Jahr. Ein eigentlich freudiges Jubiläum, das Anlass zur Feier sein könnte, wenn da nicht die Finanzen wären. In dieser Woche verkündete das Unternehmen gleich in zweierlei Hinsicht weniger gute Nachrichten: Zum einen war von eher ungünstigen finanziellen Zahlen im Zuge einer Umstrukturierung, zum anderen vom Einstampfen der Entwicklung und Vermarktung der DL-Kameras zu berichten.

 

DL-Kameras werden eingestampft

Es war im Februar 2016, als das Unternehmen gleich drei Premium-Kompaktkameras ankündigte, die unter den Bezeichnungen DL18-50 f/1.8-2.8, DL24-85 f/1.8-2.8 und DL24-500 f/2.8-5.6 ungefähr im Juni desselben Jahres veröffentlicht werden sollten.

Doch anstelle der Einführung folgte Aufschub, folgte Ungewissheit. Da war im April zum einen das Kumamoto-Erdbeben, in dessen Folge eine Sensoren produzierende Fabrik von Sony teilweise zerstört wurde, eine, von der auch Nikon Teile bezog (hier ein Artikel in der Welt dazu). Zum anderen ergaben sich bei der Entwicklung der Modelle offensichtlich erhebliche technische Probleme mit den Bildprozessoren.

In der nun veröffentlichten Mitteilung zur Absage der DL-Kameras heißt es Bezug nehmend auf den zweitgenannten Aspekt, man habe intensiv an Lösungen zur Behebung der Probleme gearbeitet, allerdings gebe es mittlerweile Bedenken hinsichtlich der Rentabilität der DL-Kameras. Auf der einen Seite seien die Entwicklungskosten gestiegen, auf der anderen Seite erwarte man aufgrund des schrumpfenden Marktes einen Rückgang in der Anzahl verkaufter Einheiten, oder im Originalwortlaut: „due to the slow-down of the market”. Keine Premium-Kompakten also von Nikon.

 

Umstrukturierung bei Nikon

Großes hatte man mit Rückblick auf den Mai 2015 vor. Das damals vorgelegte Management-Plan-Update wollte das Portfolio des Unternehmens gleich in sechs Bereichen stärken bzw. neu aufstellen und vertiefen: Die existierenden Segmente der Halbleiter-Lithografie, der Lithografie für Flachbildschirme und der Kameras sollten zusätzlich flankiert werden von drei Wachstumsbereichen: Mikroskop-Technik, Messtechnik und Medizin.

Einiges hiervon wurde erreicht, doch anderes verdarb den Gesamterfolg und kehrte ihn gar ins Gegenteil, wie einem Bericht aus dem November 2016 zu entnehmen ist. So hätte es bei den bereits existierenden Bereichen keine stabilen Gewinne gegeben – die Halbleiter-Lithografie hatte die Gewinnschwelle nicht erreichen können und die Kameraprodukte „sahen sich einem schrumpfenden Markt und ungünstigen ausländischen Wechselkursen“ ausgesetzt. Darüber hinaus konnten die benannten Wachstumsbereiche zwar tatsächlich zulegen, aber nicht in ursprünglich erhoffter Größe.

Die Folge: eine unternehmensweite Umstrukturierung, die insbesondere die Halbleiter-Lithografie, den Kamerabereich und die vom Headquarter ausgeführten Funktionen betreffen sollten. Die Liste an anvisierten Maßnahmen ist lang, lässt sich wohl aber auf die Wörtchen „Optimierung“ und „Fokussierung“ reduzieren – Optimierung in der Produktion, Optimierung in der Organisation, besinnen auf das, was wirklich Profit verspricht. Damit einher ging auch der Abbau von ungefähr 1.000 heimischen, also japanischen Arbeitsplätzen, wobei ein Programm zum „freiwilligen Ausscheiden“ aufgelegt wurde, in dessen Zuge die sich zum Verlassen des Unternehmens Entscheidenden eine zusätzliche Abfindung erhalten.

Bevor die Effekte der sich im Gang befindlichen Umstrukturierung greifen, ergeben sich hieraus erhebliche Mehrkosten. Insofern musste Nikon in dieser Woche nun Quartalszahlen veröffentlichen, die nicht eben Positives zu vermelden haben. Von einem „Extraordinary Loss“, also einem außerordentlichen Verlust ist die Rede, wobei das „Außerordentliche“ wohl im Sinne von „unüblichen“, der Umstrukturierung geschuldeten Kosten verstanden werden kann, auch wenn die Zahlen tatsächlich außerordentlich hoch sind.

So muss man allein für Abschreibungen in der Halbleiter-Sparte ein Minus vor 248 Millionen in die Bücher schreiben. Zudem gesellen sich Restrukturierungskosten für den Bereich Kameras sowie die Ausgaben für das Programm des Stellenabbaus hinzu. Daraus ergibt sich, dass auch die für Ende März bislang prognostizierte Belastung durch die Umstrukturierung um mehrere Millionen nach oben korrigiert werden muss.

Die Meldungen zu den Verlusten und der nicht länger verfolgten Markteinführung der DL-Kameras erfolgten am Montag, dem 13.2.2017. Der an diesem Tag beobachtbare erhebliche Knick nach unten in der Aktienkurve des Unternehmens kommt also nicht von ungefähr.

 

Tradition, 100 Jahre … sie schützen nicht vor dem, was sich wandelt. Bleibt auch in diesem Falle zu hoffen, dass sich die Dinge zum wieder Besseren wenden und Nikon nicht aus den erheblichen Turbulenzen in einen immerwährenden Strudel gerät, sondern in ruhigeres Fahrwasser.

 

Zur aktuellen Entwicklung in der Kamerasparte allgemein empfiehlt sich ein Blick auf den CIPA-Bericht, der von photoscala hier vorgestellt wird.

 

Euer Jens

Bildquelle Vorschau und Titel: Pixabay

 

Nikon und die Turbulenzen

Da Handykameras für den Knipser attraktiver und durch die Verbesserung der Bildqualität und die eingebauten Features Kompaktkameras das Wasser abgraben, dazu noch Bilder unmittelbar ins Netz gestellt werden können, was ja heute das Wichtigste im Leben ist, ist es verständlich, dass nur wenige ein zweites Gerät, das auch noch größer und schwerer ist, mitschleppen wollen. Für anspruchsvolle Fotografen ändert sich dadurch nur, dass vermutlich die Qualitätsprodukte wegen geringeren Umsätzen und Gewinnen im Massenmarkt teurer werden. Allerdings stelle ich mir schon seit Jahren die Frage, welche Neuerungen die bekannten Kamerahersteller noch bringen wollen. Es gibt zwar sicherlich kontinuierlich Verbesserungen der Sensorleistungen, doch eine wirkliche Neuentwicklung gab es nicht wirklich. Natürlich hat SONY mit seiner Sensortechnik einiges vollbracht, auch Fuji ist da ja innovativ, doch ein Sensor, der einerseits in einem Bild die Dynamik eines dunklen Raums, mit einem Fensterblick auf den strahlenden Sonnenschein in einer Aufnahme schafft ist weit und breit nicht in Sicht. Auch die Empfindlichkeit bei nächtlichen Lichtverhältnissen ist wegen des Rauschens nicht grandios, besser als früher, doch noch lange nicht gut. Alles natürlich um Längen besser als mit analogem Material, doch nach dem Wechsel von CCD auf CMOS nur alle paar Jahre kleine Verbesserungen. Und nur der Schnickschnack von 4K-Videos und ähnlichem wird auch bald ein Ende finden, wer tatsächlich filmt braucht mehr als einen filmenden Fotoapparat.Ansonsten noch mehr Megapixel und kaum Objektive, die diese nutzen können.Da jedoch Handys nicht von den Kameraherstellern erzeugt werden, schrumpft natürlich deren Markt für Fotokameras. Dazu noch ein neuer, ziemlich aggressiver Anbieter, der auch wirklich gute Geräte anbietet.Wieso Nikon überhaupt noch so viel verkauft hat, habe ich nie wirklich verstanden, außer dass eben die Marke zu Analogzeiten einen guten Namen hatte, doch davon können deutsche Hersteller einige Lieder singen.Bei so großen Firmen weiß man ja nie, welche Ideen zur Gesundung reifen, denn immerhin gibt es Sparten, die nicht im Consumerbereich arbeiten und bei denen möglicherweise in Zukunft die Schwerpunkte liegen. Da kann dann eine Sparte rasch den Besitzer wechseln, die Marke bleibt weiter bestehen, doch ein neuer Eigentümer kann andere Strategien verfolgen.Mangels Daten und Informationen wäre alles reine Spekulation.
 

Ekhard

Vier gewinnt!

Leider stimmt das was Du sagst @LikeLowLight! Hier ein interessanter Artikel zu der Misere in der Fotoindustrie:http://www.foto-schuhmacher.de/artikel/foto-wirtschaft.html
 
Ein wirklich interessanter Artikel, den ich noch genau lesen werde. Nach dem Überfliegen des Inhalts finde ich diese Beschreibungen, Einschätzungen und Aussichten sehr gut beobachtet. Interessant die Bewertung von MFT-Systemen und des Pixelwahns. Was CANON angeht habe ich die Entscheidung, ein spiegelloses System mit APS-C-Sensoren zu entwickeln, nie verstanden. Der Umstand, dass keine wirkliche Weiterentwicklung stattfand, hat meine Einschätzung nur bekräftigt.Da professionelle Fotografen einerseits ein robustes Gerät und andererseits ein weltweites Netz an Support, nämlich Reparatur und Ersatzkameras, benötigen, bringt CANON einen Vorsprung. Dass Nikon neben dem Umstand, dass sie die Digitalisierung im Vollformatsektor verschlafen haben, eine nach meiner Ansicht seltsame Qualitätspolitik lebt, wird in dem Artikel auch gut beschrieben. SONY hat wirklich ganz gute Sensoren, das Sortiment an Objektiven ist eher löchrig, ob der Support für Profis weltweit besser wurde weiß ich nicht. Jedes Unternehmen versucht, eine marktbeherrschende Position zu erreichen, ob dies SONY gelingen wird, wird man sehen, auch dabei spielen strategische Überlegungen innerhalb der Firma eine große Rolle. Wenn ich zurückdenke, in welchen Sparten Siemens vor 40 Jahren noch tätig und mit hohen Marktanteilen am Markt vertreten war und welche Schwerpunkte und Bereiche es heute gibt kann man erkennen, was in einem Konzern möglich und vermutlich auch nötig ist.Profifotografen arbeiten mit einer Kamera üblicherweise (wenn sie nicht eine Firma promoten) so lange, wie diese gut funktioniert und die Bilder, die sie machen, gekauft werden. Da ist es dann so, dass die Anzahl der Auslösungen ein wichtiger Parameter ist, denn natürlich soll der Verschluss bei einem einmaligen Ereignis nicht an Altersschwäche sterben.Dass viele Leute eine DSLR oder überhaupt eine Digitalkamera wegen der Scheu vor der Bildbearbeitung nicht kaufen, kann ich so nicht werten. Die Kameras haben eine ganze Reihe von internen Möglichkeiten der Bildbearbeitung, eben ein JPEG zu speichern. Wenn also jemand nicht mal mit LR ein ansprechendes Bild schafft, wird auch ein Handyfoto nicht besser. Man liest ja immer wieder, welche Probleme Leute mit der RAW-Entwicklung haben. Das kann ich auch verstehen, denn man muss sich tatsächlich mit der Materie beschäftigen, ansonsten ist ein JPG-aus der Kamera wirklich besser. Nur ist es so, dass es so viele Anbieter von gratis bis teuer an Bildaufbesserungsprogrammen gibt, also sollte dies nicht zu einem Schwund führen.
 

silk65

Noch nicht viel geschrieben

sind ja keine schönen Nachrichten aus dem Hause Nikon ...Die Notwendigkeit einer DL-Linie hat sich mir ohnehin nie erschlossen. Das ist ein sterbendes Segment und dass nicht erst seit ein paar Monaten. Die Smartphones sind der Totengräber der Kompaktkameras und dass man das im Hause Nikon nicht bemerkt haben will ist kaum nachvollziehbar. Anstatt den Vollformatern konsequent ebenbürtige spiegellose Bodys zur Seite zu stellen (für einen allmählich kompletten Umstieg auf Spiegellos) hat man unnütz Geld mit der Nikon1-Reihe und letztlich auch mit der DL-Reihe verbrannt. Nun kommt noch hinzu das andere Geschäftsfelder auch zum Rohrkrepierer wurden. Währungsschwankungen mag ich nicht gelten lassen denn die betreffen ja nicht Nikon ausschließlich, sondern auch alle anderen Hersteller.Alles in Allem kein schönes Jubiläumsjahr. Ich fotografiere schon seit zig Jahren mit Nikon und hoffe dass die Fa. die Turbulenzen übersteht. Auf einen Systemwechsel hab ich auf meine alten Tage wahrlich keine Lust mehr ;-)
 
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