„Kopfhörer aufsetzen, die Lautstärke aufdrehen und anschnallen“ – dies empfiehlt der Macher des Filmes „Radiolarians“ – und der Empfehlung möchte ich mich gerne anschließen.
Den ungefähren Werdegang von Roman De Giuli habe ich bereits skizziert. Im Oktober legte er nun ein neues Video nach, worin er sich – grob formuliert – mit „Formen, Strukturen und organischen Mustern“ beschäftigt.
Genauer geht es um Radiolarien bzw. Strahlentierchen. Wie mir Wikipedia mitteilte, handelt es sich dabei um einzellige Lebewesen, die über ein Endoskelett aus Siliziumdioxid verfügen. Anders formuliert: Wie wir haben die kleinen Wesen innerhalb ihres winzigen „Körpers“ ein stützendes Skelett.
In einem verweist De Giuli zunächst auf das Buch „Radiolaria“ von Ernst Haeckel aus dem Jahre 1862. Die darin enthaltenen 35 Illustrationen zeichnen verschiedene Radiolarien nach und können betrachtet werden. Äußerst sehenswert, wie ich finde.
De Giulis ursprüngliche Idee zu „Radiolarians“ geht, wie es so oft der Fall ist, auf eine zufällige Beobachtung zurück: Nach einer eher ergebnislosen Experimentier-Session gab er einen letzten Tropfen Tinte in eine zuvor mit anderen Flüssigkeiten gefüllte Petrischale. Der Tropfen breitete sich vom Mittelpunkt zu den Rändern hin aus, zog sich dann wieder zusammen und zerfiel dabei in „Tausende mikroskopisch kleine Pünktchen“, die sich eine Zeit lang bewegten, um schließlich in Ruheposition zu verharren. Das Schauspiel erinnerte De Giuli nun an Haeckels Buch – und die Idee zu einem neuen Projekt war geboren.
Das Komplizierte an einem Zufall ist, ihn zu reproduzieren, was jedoch alsbald mit Rapsöl, einem Schuss Alkohol und einer „speziellen Tinte“ gelang. Während der Aufnahmen sorgten Wasser, Alkohol und eine leichte Schräglage der Petrischalen für die hinreichende und auch gerichtete Bewegung der kleinen Pünktchen.
Ein Problem stellte die Fokussierung derselben dar, denn die Tröpfchen tauchten kurz nach ihrer Entstehung an der Oberfläche des Öls nur allzu schnell in selbiges ein. Also reduzierte De Giuli das Volumen des Öls, sodass von diesem letztendlich nur ein dünner Film verwendet wurde, in das die Tröpfchen nicht mehr (allzu tief) hinabsinken konnten.
Die Nachbearbeitung der Szenen erfolgte mit Premiere Pro. Allerdings zeigte sich De Giuli zunächst nicht sonderlich begeistert: zu flach, zu fahl sah das aus, was seine Kamera eingefangen hatte. Ein paar Korrekturen und ein wenig Grading lieferten bereits bessere Resultate, jedoch keine, die vollends zufriedenstellten. Schlussendlich wurden die Luminanz und die Farbkanäle des Videomaterials invertiert – und siehe da – so sollte das Ganze dann schon eher aussehen:
Übrigens zeigt das Video einen zweiten Anlauf. Der erste Versuch, so De Giuli , sei zwar schön anzusehen, jedoch ebenso langweilig gewesen. Also legte er das Projekt für eine Weile auf Eis und folgte dann, um weiterzukommen, dem Grundsatz: „Mach etwas komplett anderes als das, was du ursprünglich geplant hast.“ Der Song „Brocken Spectre“ von „All Buttons in“ zeigte ihm schließlich „den Weg vom Anfang bis zum Ende“ seines Werkes, welches sodann in nur drei Tagen finalisiert wurde.
Im findet ihr ganz unten auch Bilder zum Ansehen sowie auf halber Strecke ein bemerkenswertes Objektiv, unter dem die Frage gestellt wird: „Wanna battle?“
Euer Jens
Bildquelle Vorschau und Titel: Screenshot aus dem Video "Radiolarians" von Roman De Giuli (Terracollage)