Das sind aber viele Fragen auf einmal. Das gibts nichtmal mit nem Ü-Ei ^^
====================== Die Houdini-Versionen ======================
- Houdini Apprentice (komplett, kleinere Einschränkungen, mit Wasserzeichen), kostenlos, nur nichtkommerziell
- Houdini Education (komplett), $325/Jahr, nichtkommerziell?
- Houdini Engine Indie (komplett, Einschränkungen siehe Houdini Indie) $99/Jahr, einkommensabhängig
- Houdini Engine (komplett) ab $499/Jahr
- Houdini Indie (komplett, Beschränkungen: full HD Animationen, keine externen Renderer), ab $199/Jahr, einkommensabhängig
- Houdini (ohne Simulationen, also Fluids (Wasser, Feuer, Rauch), Stoff, Partikel, Dynamics) ab $1.995
- Houdini FX (komplett), ab $4.495
Die Versionen können ihre Dateien nicht untereinander austauschen. Aber man kann ein gewisses Kontingent und eine Zeit lang Daten von einer nichtkommerziellen Version in eine der kommerziellen umwandeln lassen. Die Apprentice ist kostenlos, aber nicht zur kommerziellen Nutzung zugelassen. Deshalb rendert sie mit Wasserzeichen und u.a. die Rendergröße ist eingeschränkt. Die Education Version ist für Schulen gedacht und kann Apprentice Dateien öffnen.
Alle anderen Versionen sind kommerziell ausgelegt. Zahlt man wie bei der Indie oder Engine pro Jahr, ist das in etwa wie bei der CC: sobald ein Jahr ausläuft, funktioniert das Programm nicht mehr. Allerdings ist das kein Abo, man kann jederzeit wieder einsteigen. Außerdem erhält man alle Upgrades und Updates die innerhalb dieses Jahres herauskommen.
Bei den anderen Versionen, also Houdini oder Houdini FX, gehört Dir die gekaufte Version und man kann damit munter immer weiterarbeiten. Man muss allerdings jährlich einen bestimmten Betrag hinblättern (annual upgrade plan, $995 bzw. $2.495), wenn man regelmäßig die neuesten Versionen haben möchte. Macht man das nicht, muss man zur nächsten Version wieder den vollen Betrag hinlegen.
Die Versionen Apprentice, Education, Indie und FX unterscheiden sich kaum. "Komplett" bedeutet, dass sie alle Simulationstechniken beinhalten. Auch die Engines sind damit voll ausgestattet. Das gilt für *alle* Versionen außer der, die einfach nur ohne Zusatz Houdini heißt, diese enthält keine Simulationsmöglichkeiten.
Nichtsdestotrotz gibt es kleinere, oben erwähnte Einschränkungen in einigen Versionen.
====================== Cinema 4D und die Houdini Engine ======================
Cinema hat seit der R16 eine Bridge zur Houdini Engine integriert. Diese bezieht sich immer auf eine bestimmte Version und ist lauffähig, sobald man eine Lizenz erworben und *zusammen mit der richtigen Houdini/Engine Version* auf dem C4D-Rechner installiert hat.
Die Lizenz kann eine Engine, eine Engine Indie, eine Houdini Indie oder eine Houdini FX sein. Ob und wieweit die in Simulationen eingeschränkte Houdini Version ebenfalls eine Lizenz für die Engine darstellt (oder auch die Edu Version) und wie diese dann reagiert, muss man im Bedarfsfall bei SideFX erfragen. Es ist denkbar, dass das geht und dann die Simulationen in der Engine deaktiviert. Diese Version soll hier aber keine weitere Rolle spielen. Bei den anderen Möglichkeiten hat man also entweder nur die Engine oder ein volles Houdini-Paket, mit dem man auch selbst arbeiten könnte.
Solange man innerhalb einer Hauptversion (im Moment die H14 für Cinema, eine H15 Bridge für die R17 könnte noch kommen) bleibt, kann man auch mehrere Houdini Versionen parallel installieren und immer mit der neuesten arbeiten, wenn man die Houdini Indie oder FX benutzt. C4D braucht aber Dateien, die mit exakt der in Cinema genannten Version gespeichert wurden.
Die Engine stellt ein vollständiges Houdini ohne GUI, also Eingabeoberfläche, in Cinema zur Verfügung. Man kann also auf das nahezu gesamte Arsenal von Houdini innerhalb von Cinema zugreifen. Da man keine GUI hat, geht das nur über entsprechende Dateien, die sog. Assets. Gedacht sind diese für Artists, die mehr aus Cinema herausholen wollen, ohne sich mit Houdini auseinandersetzen zu müssen. Man braucht also jemanden, der sich mit Houdini auskennt und einem die passenden Assets erstellt. Diese kann man kostenlos oder kostenpflichtig über die Orbolt-Seite beziehen oder sich für seine Bedürfnisse maßschneidern lassen, was idR. Kosten verursacht.
====================== Die Assets ======================
Assets kann man sich als Generatoren vorstellen, ähnlich Klonern, Extrude, Subdivision Surface, Deformatoren und sogar Grundobjekten usw.: von alleine tut sich fast nichts, aber mit bestimmten Inputs bearbeiten sie diese (Grundobjekte sind aus einem bestimmten Grund genannt, s.u.). Die Inputs können wie bei den Generatoren sehr unterschiedlich sein. Der Output ist idR. Geometrie oder eine Partikelwolke, die von einem weiteren Asset oder Cinema weiter verarbeitet werden kann. Z.B. eine Partikelwolke von einem weiteren Asset gemesht, oder Geometrie texturiert und gerendert.
Beispiele:
- Destruction: das Asset lässt Objekte zerschmettern. Man gibt dem Asset ein Objekt, das zerstört wird, z.B. ein Haus, und ein Objekt, das die Zerstörung verursacht, z.B. eine animierte Abrissbirne. Das Asset berechnet nun Frame für Frame das Zerschmettern inkl. Dynamics.
- Crowd-Simulation: man hat eine oder mehrere animierte Charaktere erstellt. Das Asset berechnet die Bewegung über eine beliebige Oberfläche, die man ebenfalls selbst modelliert hat (Mengenbeschränkung der Objekte!). Es ist sogar denkbar, zwei Charaktere mit fertigen Bewegungsabläufen intelligent miteinander interagieren zu lassen.
- Fluids: Man hat z.B. ein Flussbett samt Mühle erstellt sowie eine Quelle. Ein Asset errechnet die Wassersimulation anhand Quelle und Flussbett und bewegt die Mühle.
- Cloth: ein fertig animierter Charakter erhält Kleidung, die vom Asset passend auf dem Körper und zur Bewegung simuliert wird.
Das sind nur ein paar denkbare Szenarien. Was jeweils möglich ist und wie variabel das Asset gehalten ist, hängt vom Bedarf und vom Houdini Operator ab, der einem das Asset erstellt.
Wichtig ist zu wissen, dass die Assets ähnlich flexibel sein können wie die aus C4D bekannten Generatoren. Es muss sich dabei auch nicht um eine Simulation handeln und kann letztlich sogar lediglich ein fertiges Objekt sein, in dem garnichts variiert werden kann, was aber nur wenig Sinn machen würde. Denkbar ist wiederum z.B. ein Fahrzeug, bei dem jedes bewegliche Teil zugänglich und in Cinema animierbar ist, oder ein fertig geriggter Charakter, die man bekanntermaßen nur schwer aus anderen Programmen herausbekommt.
Es liest sich erstmal so, als ob das alles auch in Cinema direkt machbar sei. Das ist sicher richtig, aber nur begrenzt, und Houdini hebt viele diese Grenzen auf. Was Fluids betrifft, bringt C4D von Haus aus nur sehr wenig mit. Rauch und Feuer gehen mit PyroCluster nur bedingt, nicht volumetrisch und nicht mit jedem Renderer, Wasser/Flüssigkeiten mit seinen physikalischen Eigenschaften überhaupt nicht. Clothilde für Stoff ist zwar vorhanden, aber stark überholungsbedürftig. Auch Dynamics kennt Cinema, für Destruction sind aber wieder Plugins erforderlich. Natürlich kann man sich eine Menge selbst programmieren und mit Thinking Particles, Xpresso und Python basteln, aber es geht ja darum, was Cinema nativ mit sich bringt und nicht um Dinge, die erst noch gebaut und geschraubt werden müssen. Außerdem ist Houdini sehr viel stärker in allen Simulationsmöglichkeiten oder bringt diese erst ein. Houdini kann sich m.M.n. mit Realflow, Marvelous Designer, TFD oder XP messen oder übertrifft diese. Nicht zuletzt preislich, wenn man die Indie-Versionen nutzen kann.
====================== Einschränkungen ======================
Houdini kann sehr gut mit Millionen von Partikeln oder vielen Objekten umgehen. Das ist idR. nur vom eingebauten RAM beschränkt. Allerdings kann die Engine in Cinema keine Instanzen produzieren, sondern nur reine Geometrie, was beim Verteilen von Objekten den Speicher schneller volllaufen lässt als der MoGraph Kloner. Wäre das anders, könnte man die Engine bzw. passende Assets sehr gut als flexiblen Scatterer benutzen. Vielleicht kommt das ja noch. Auch ist mir die Engine mehrfach bei großen Partikelzahlen abgeschmiert. Möglicherweise ist das in der R17 besser geworden. Nicht zuletzt können Partikel in Houdini nicht nur einen Vektor (Richtung, Geschwindigkeit), sondern auch Normalen, also eine Richtung in die der Punkt „guckt“, haben. Ein Partikel kann damit in die eine Richtung schauen und in die andere fliegen. Das ist praktisch, wenn man später Objekte an die Partikel bindet. M.W. kann diese Eigenschaft nicht nach C4D übergeben werden.
Inwieweit der Houdini eigene Renderer Mantra in der Engine enthalten ist, weiß ich nicht. Es wäre an einigen Stellen von Vorteil, mit Mantra zu rendern, weil damit z.B. Volumenshader möglich sind, mit denen man die Mischung von verschiedenen Flüssigkeiten auch innerhalb der Fluids rendern kann. Ich habe im Moment keine Idee, wie das mit C4D-Bordmitteln umsetzbar sein soll.
Von daher ist es in meinen Augen sinnvoll, sich auch direkt mit Houdini auseinanderzusetzen.
====================== Mit Houdini arbeiten ======================
Houdini ist ein vollständiges 3D Programm mit allem, was man aus anderen 3D Programmen kennt: Modeling, Texturing, Lighting, Animation, Simulation und Rendering. Es ist sehr mächtig, aber auch kompliziert und mit Sicherheit nicht komfortabel. Die gesamte Software ist Node basiert, was seine Vor- und Nachteile hat. Das Erlernen und das Aufbauen von Szenen dauert länger, verglichen mit anderen 3D Programmen. Kenntnisse in Xpresso oder anderen Node basierten Programmen und Tools (z.B. Nuke, Fusion, Octane Material, Blender Composer usw. usf.) sind sehr von Vorteil und können den Einstieg von Jahren auf Monate verkürzen. Tutorials zu Houdini gibt es zwar gerade für Einsteiger etliche über die SideFX Seite bzw. deren Vimeo-Kanal zu Hauf, die wichtigen/guten sind aber idR. kostenpflichtig und so gut wie alle auf Englisch, das darf man also nicht scheuen. Auf der anderen Seite hat man keinen modularen Baukasten, sondern eine ganze Werkstatt vor sich und kann sich seine eigenen Werkzeuge damit konzipieren. Gebräuchliche und häufig genutzte Tools werden nach und nach in die Toolpanes eingepflegt, so dass man schon auf einen großen Satz fertiger Strukturen zurückgreifen und diese auf seine Bedürfnisse anpassen kann. Vergleichbar mit Blender enthält Houdini umfangreiche FX-Tools für das Compositing, man kann 2D+3D VFX also komplett und sehr flexibel direkt in Houdini erledigen.
Auch wenn sich der Text oben abschreckend liest, so kann man einfache Ergebnisse doch schnell erreichen. Die kostenlose Apprentice ist eine gute Möglichkeit, das Programm kennenzulernen, um später vielleicht eigene Assets zu erstellen. Wie heißt es so schön: Versuch macht kluch!
In diesem Sinne, viel Erfolg und Spaß damit