Hey Linda,
eigentlich schön, nach 2 Jahren wieder mal was von Dir zu lesen. Wenn auch aus traurigem Anlass.
Ich erinnere mich gut daran, wie Du hier im Forum Deinen 3D "Game-Blog" eröffnet hast, und dass ich ihn sehr interessiert verfolgt habe. Jedenfalls, solange Du gepostet hast, der brach dann irgendwann einfach ab, genau wie der 2D Thread, der ein paar Jahre älter war.
Ich weiß noch, dass ich Deinen persönlichen Stil sehr geachtet habe und Deine Low-Poly-Fähigkeiten, und dass ich
ziemlich geschimpft habe über die Schule, die sich nur auf Low-Poly zu beschränken schien (3.Absatz). Ich erinnere mich auch daran, dass Du einen schon sehr eigenen Stil entwickelt hast, sowohl in Deiner Farb- und Formensprache an sich als auch in der 3D Gestaltung. Deswegen hatte ich Dich schon notiert für den Fall, dass mal was Lowpoly-mäßiges reinflattern sollte. Wenn auch, ohne Dich zu fragen ^^
Was ich damit sagen will: Du bist meiner bescheidenen Meinung nach gut, oder "gut genug" für eine Menge 3D Projekte. Und mit etwas Übung, die Du vllt auch schon drauf hast, kannst Du auch in nahezu jedem anderen 3D Job arbeiten. Denn Lowpoly ist so speziell, dass da erst einmal ein paar allgemeine Sachen fehlen. Das war der Grund, warum ich über diese spezielle Ausbildung geschimpft habe.
Du hast mit der Schule angefangen, bevor es den "Mediengestalter 3D" gab, aber mit oder ohne diese offizielle Ausbildung zählen idR. Deine Fähigkeiten bei einer Bewerbung. Die drücken sich wiederum im Portfolio aus, und die allermeisten Kollegen freuen sich genau darüber, jedenfalls als Einstieg zu einem Gespräch, oder, als Freelancer, auch zum ersten Projekt (meistens ist noch Probearbeiten angesagt, denn nicht jeder, der gut Objekte modellieren kann, tut dies in einer guten Weise ^^).
Diese beiden Dinge zusammen - Ausbildung gibt es noch nicht so lange, Portfolio ist ausschlaggebend - sorgen u.a. dafür, dass "die Agentur" da herzlich wenig ausrichten kann und wird, wie Du leider schon erfahren hast. Und in der Bezeichnung "Mediengestalter 3D", oder besser "Mediengestalter digital & print mit Schwerpunkt 3D", steckt eigentlich auch schon, dass es diesen Beruf mittlerweile auch offiziell gibt (inoffiziell seit den 80ern, breit gestreut erst seit den 90ern, aber das ist ein anderes Thema). Und es steckt auch drin, dass man sich nicht entscheiden muss, ob man nun als Mediengestalter oder 3D Artist arbeiten will, denn das geht schon lange parallel. Wird nur bei der Arge eben so nicht ausgeschrieben, aber die sind halt auch nicht wirklich flexibel, denn den MG 3D gibt es seit knapp 5 Jahren. Die sind aber nicht die Einzigen, auch Google hat keine Ahnung von 3D. Oder 3-D, wie es in Deutschland laut Duden offiziell geschrieben wird (noch - gruselig!). Zum Glück nur da. Bei Google muss man sich als Filmemacher oder Designer festschreiben lassen, 3D kennen die nicht. Denn hier ist Deutschland sowas von hintendran. Auch in der Gamebranche. Wen haben wir hier richtig großes Einheimisches, außer
Crytek, Pluto13 aka oder die
Goodgame Studios, die viele Leute entlassen mussten.
Yager und Sunflower sind glaub schon ne Weile tot (autsch, Yager lebt noch. Oder wieder ^^) und danach kommen vor allem Mobile Games Entwickler und kleine 1-2 Personenwerkstätten. Und natürlich ein paar Riesen wie
Ubisoft Deutschland, wobei mir unklar ist, ob die selbst entwickeln oder, wie die meisten Publisher, ihre Entwicklerteams weltweit einsetzen, so wie
Bluebytes. Vermutlich beides. Es gibt da übrigens son Magazin, heißt sich "Making Games", die geben jedes Jahr ein Buch mit den sog. "
key players" in der deutschsprachigen Branche heraus. Es ist, man ahnt es schon, nicht sehr dick, aber mehr als 3, 4 stehen schon drin
Ich kann mir auch denken, dass Du das schon kennst. Lange Rede, schwacher Sinn: es gibt nicht sooo viel Gamekapazität in good ol Germany.
Aber, um zum Anfang zurück zu kommen, Du musst ja nicht auf Games spezialisiert sein. Deine Fähigkeiten solltest Du kontinuierlich ausbauen, denn weder die 3D-Branche noch die Programm-Hersteller schlafen. Die Zeit sollte Dir bewußt sein, und die solltest Du unbedingt einplanen. Eine Spezialisierung kann helfen, tatsächlich sind die meisten Kollegen zuerst Allrounder und haben dann ein, zwei, drei Spezialisierungen. Das kann VR mit Brille sein, 3D Druck, Photogrammetrie, CAD-Konvertierung, Sculpting, Unreal-Visualisierungen (sind
sehr im Kommen in der Archi-Viz, das gilt aber für fast alle Punkte die ich grad notiere
), Simulationen (also Fluids, Particles, Characteranim, Clothanim, Dynamics/Physics/Destruction, Hair usw.) uvam. Simlationen kann man auch prima in allen Richtungen im Film einsetzen, wenn man sie beherrscht. Btw., gibt es von Deiner Witcher-Aufgabe neben dem Concept Art ein (animiertes) 3D Modell?
Okay, ein Portfolio. Ja, das ist wichtig. Ich kenne Deines nicht, aber Du kannst es mir gerne schicken (Link in PN), dann kann ich Dir vllt. auch ein paar Tips dazu geben. Denn das ist so so schwer zu beurteilen, und natürlich ist die Frage, welche 90 Nasen mit "Du bist zu schlecht für uns" für schlechte Stimmung im Hause M. gesorgt haben.
Um eine Deiner Fragen zu beantworten: nein, man muss nicht alle 4 Jahre umziehen, auch nicht in der Gamebranche. Aber in der ist es wie gesagt etwas eng im deutschsprachigen Raum, wenn Du in dem bleiben willst. Damit sind Deine Game-Fähigkeiten aber noch nicht abzuschreiben, die 3D-Fähigkeiten noch lange nicht. Erstmal wäre natürlich schon die Frage, wie flexibel Du bist. Nicht dauernd umziehen, und bald eine Familie haben zu wollen, heißt ja noch nicht, dass Du für einen Job nicht auch 1x z.B. von B nach HH oder Zuri umziehen würdest. Darüber solltest Du Dir sehr im Klaren sein - der Job, egal welcher, wird nicht unbedingt zu Dir kommen. Aber ein "richtiger" 3D Job kann durchaus über Jahrzehnte der gleiche bleiben, soweit man von heute in die Zukunft schauen kann. 3D ist nicht ausentwickelt, da kommen sicher noch eine Menge neuer, spannender und schöner (und wie immer auch einige häßliche) Dinge auf uns zu, die zu den unterschiedlichsten Zweigen führen werden. Aber es ist grad etwas neblig in meiner Glaskugel, und so richtige Sicherheit gibt es in fast keiner Branche. Vllt. als Arzt, Koch und in Deutschland Finanzbeamter, wer weiß das schon.. Selbst das mit dem Ärztedasein hat sich in D jedenfalls schon vor einer Weile erledigt. Schulung geht hingegen wirklich fast immer, allerdings mit wechselnden Bereichen.
Solltest Du in eine Richtung wie von kraid gezeichnet tendieren - sicher Geld verdienen und damit eine Familie gründen, 3D als Hobby - ist das natürlich relativ hinfällig. Wobei die meisten Mediengestalter nicht so sehr viel verdienen, und Du musst sicher richtig gut sein, um die Mitbewerber auszustechen. Da sind 3D Artists meiner Meinung nach eher gesucht.
So oder so halte ich es jedoch für keine gute Idee, jetzt im Moment nach einer Stelle als Game-, 3D Artist oder MG zu suchen. Wenn Du es Dir erlauben kannst, mach 1 Jahr Pause, um neue Kraft zu schöpfen. Oder mach was ganz anderes, räum irgendwo Regale ein. Das ist zwar auch anstrengend, aber dann geht das mit Sicherheit leichter, beim nächsten Anlauf
Die Kraft braucht man, sonst könnte ich auch nicht jeden Morgen im Büro aufschlagen und weiter machen.