Denn diese Woche musste nicht mein Mann leiden, sondern unser Drucker.
Heute geht es um die Druckprozesse, worauf der Kunde bei einer Bestellung achten sollte und welche Umstände ein Auftrag machen kann. Viel Spaß beim Lesen:
Diesmal hat es nicht mich erwischt, sondern unseren Drucker, ich nenne ihn einfach mal Jochen. Also eigentlich heißt er Rainer, aber aus Gründen der Anonymität nennen wir ihn halt Jochen. Jedenfalls hatte Jochen einen Auftrag von einer Designagentur für eine Designagentur. Es ging um Visitenkarten.
Visitenkarten kann man ja auch in Onlinedruckereien günstig bekommen, aber gerade Designagenturen und Firmen, die etwas von sich halten, haben eine Hausfarbe, oder vielleicht sogar mehrere. Wenn man diese jetzt in Onlinedruckereien machen lässt, wird diese Farbe mit den Standardfarben CMYK aufgerastert. Also mit Cyan (C), Magenta (M), Yellow (Y) und Schwarz (K). Schwarz wird mit K bezeichnet, weil Schwarz für Kontrast steht. Wenn man C, M, und Y übereinander druckt, kommt dabei eigentlich schwarz raus, das heißt theoretisch würden die drei Farben ausreichen, dann wirkt das aber alles ein wenig blass, deshalb nimmt man noch schwarz für den Kontrast.
Jedenfalls werden in Onlinedruckereien meist nur diese 4 Farben verdruckt. Wenn man jetzt meinetwegen ein Orange hat, dann besteht dies aus kleinen gelben Punkten (Y) und kleinen Punkten, die magentafarben sind (M). Das menschliche Auge nimmt dann ein Orange war. Und je nachdem wie hell oder dunkel das Orange ist, scheint entweder das Weiß vom Papier zwischen den Punkten durch oder aber es werden noch Schwarze Punkte (K) mit rein gerastert. Vom Prinzip her funktioniert das, sieht aber nicht so toll aus, wie die etwas teurere Variante: nämlich Schmuckfarben. Hier verdruckt man eben direkt das Orange, was der Kunde haben will. Zum Beispiel eine HKS 7. Ein sehr schönes Orange. HKS- und Pantone-Fächer solltet ihr ja alle kennen. Wenn man also nun direkt diese HKS-Farben druckt, dann druckt man diese zumeist als Vollfläche. Die Farben werden nicht aufgerastert und deswegen erreicht man dadurch einen richtig schönen, kräftig leuchtenden Farbton. Das sieht also sehr viel besser aus. Allerdings ist das auch um einiges aufwendiger, denn meistens hat man in der Druckmaschine ja CMYK in den Farbkästen. Die Farben muss man also dementsprechend raus waschen und die HKS-Farben rein löffeln. Das dauert eine Weile: Zuerst löffelt man die Farben aus den Farbkästen, die muss man anschließend sauber schrubben. Danach wäscht man die Walzen. Aber meistens reicht einmal waschen nicht aus. Wenn man zum Beispiel in ein Farbwerk, in dem blau war, ein Gelb hinein nehmen muss, reicht einmal waschen nicht aus. Auf den Walzen werden blaue Farbpigmente zurückbleiben und aus dem Gelb wird früher oder später ein Ocker. Deshalb haut man da nochmal Walzenwaschpaste auf die Walzen und wäscht nochmal. Dies wiederholt man 3 bis 4 mal. Also recht aufwendig.
Kommen wir zu Rainer ... äh ... Jochen: Er sollte Visitenkarten für die Designagentur drucken. Es waren 3 Schmuckfarben (zweimal ein Pantone-Orange und ein Pantone-Gelb) und Schwarz. Also sehr viel waschen. Geschätzte Zeit ca. 1 Stunde - vielleicht etwas länger. Die Farben waren vollflächig auf die Rückseite der Visitenkarte gedruckt in einem Verlauf, der vom Design her ziemlich fragwürdig ist. Aber was verstehen wir Buchbinder schon vom Design. Der Verlauf - die 3 Schmuckfarben und die Vollfläche (siehe Abbildung) - sind recht schwierig, sodass man da viele Einrichter braucht, um auf das gewünschte Ergebnis zu kommen. Also alles sehr zeitaufwendig. Bis hierhin trotzdem alles im Rahmen, wenn wir uns über so etwas beschweren, hätten wir uns in einer Onlinedruckerei bewerben sollen, aber das Schlimme daran ist die Auflagenhöhe: nämlich 50 Stück!!!
Ich rede nicht von 50 Bogen,... was auch schon ein Witz wäre. Ich rede von 50 Visitenkarten!!!
Unglaublich oder? Auf einen Bogen stehen in dem Fall 10 Visitenkarten, das heißt die Auflagenhöhe beträgt 5 Bogen!!! Ist das zu fassen!?
Wenn vorne ein Bogen in die Maschine läuft, kommt er 18 Bogen später hinten an, es befinden sich also immer 18 Bogen in der Maschine und es ist nur die kleine Druckmaschine. Im Durchschnitt läuft die Maschine mit ca. 8000 Bogen pro Stunde. Die 5 Bogen sind innerhalb von wenigen Sekunden durch die Maschine, 2 Stunden waschen und einrichten um dann die Maschine ein paar Sekunden laufen zu lassen. Ihr könnt euch vorstellen, dass Jochen nicht begeistert war.
Jedenfalls hatte unsere Kundenbetreuung den Kunden darauf hingewiesen, dass dies preis-/leistungsmäßig ziemlicher Schwachsinn ist und ob sie nicht ein paar mehr Visitenkarten haben wollen und dass sich das kaum auf den Endpreis auswirken würde. Aber nein, der Kunde wollte 50 und nicht mehr. Jedenfalls war unserer Drucker gerade fertig. Nach 2 Stunden einrichten und ein paar Sekunden drucken, hatte er gerade wieder die Farben raus gewaschen und wieder CMYK in die Maschine genommen. Da rief doch tatsächlich der Kunde an und meinte er hätte noch ein paar Visitenkarten. Ein anderer in seiner Designagentur hat nämlich auch keine mehr,... also brauch er nochmal 50 Stück. Und zwar schnell.
Was soll man dazu noch sagen? Wir hätten die auf die selben Druckplatten machen können. Wir hätten nicht einmal einen höheren Papierverbrauch gehabt, weil man ja mindestens 18 Bogen drucken muss. Wir sagten dem Kunden ab. Wir hatten noch andere wichtige Aufträge und haben dem Kunden angeboten, das im Digitaldruck noch schnell zu machen, ansonsten hätte er eine Weile darauf warten müssen. Mürrisch und uneinsichtig nahm er das Angebot an. Vermutlich wird es reklamiert, weil im Digitaldruck sieht das ganze anders aus, als im Offsetdruck und Schmuckfarben sind da auch nicht möglich.
Die Moral von der Geschichte:
Ist eigentlich selbsterklärend, oder? Es ist vielleicht kein Designfehler, aber es ist dennoch absoluter Schwachsinn.
Mal als übertriebenes Beispiel: Wenn die 50 Visitenkarten 1000 Euro kosten, dann kosten 100 Visitenkarten 1005 Euro. Ist natürlich beiweitem nicht so teuer, dies sollte nur zur Veranschaulichung dienen. Die Vorteile einer kleinen Druckerei, wie der unseren, liegen auf der Hand. Siehe das Beispiel mit dem Schmuckfarben, was ich oben angeführt habe. Aber macht euch bewusst, dass der Aufpreis, den man dafür zahlt, aufgrund des höheren Zeitaufwands zustande kommt. Überlegt euch, ob sich also ein Druckauftrag lohnt. Ich will nicht, dass ihr euch von den kleinen Druckereien fernhaltet. Aber 50 Visitenkarten lohnen sich nicht. Und das Schlimmste daran ist, dass diese Visitenkarten für eine Designagentur waren. Also von Mediengestaltern für Mediengestalter derselben Agentur und die sollten ja nun grob Bescheid wissen, wie es in einer Druckerei läuft.