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Wieso tut ihr mir das an? - 5

Na? Habt ihr schon drauf gewartet? Es ist wieder Freitag! Und das heißt, es gibt eine neue Geschichte aus dem Leben des anonymen Buchbinders.

Heute: Offsetpapier und wieso es nicht für alles geeignet ist.

Wieso_tut_ihr_mir_das_an(3).jpg

Offsetpapier... Wieso ist dieses Papier wieder in Mode? Also genau genommen, war es nie in Mode, man hatte früher nur keine andere Wahl, denn die Papierauswahl war eben nicht so groß. Oder aber ein Druckprodukt musste günstig oder besonders leicht sein. Diese Ausreden gelten heute nicht mehr. Bilderdruckpapier ist nicht wirklich teurer, als Offsetpapier und Bavaria zum Beispiel ist leichter als  Offsetpapier, hat aber dennoch nicht seine miserablen Eigenschaften. Also wieso bitteschön wollen in letzter Zeit so viele Leute unbedingt irgendwelches extravagantes Offsetpapier. Was ich gegen Offsetpapier habe? Das kann ich euch sagen:

Das Drucken: Gehen wir mal davon aus, dass wir keinen stinknormalen Briefbogen drucken, wofür dieses Papier geeignet ist, sondern wir drucken etwas anderes und dieses Papier ist für nichts anderes geeignet, außer für Briefbogen oder andere Sachen, auf die man auch später etwas schreiben möchte. Viele von euch haben schon einmal etwas von Punktzuwachs gehört. Zumindest diese von euch, die eine Ausbildung haben und nicht einfach nur der Meinung sind, dass sie „total kreativ“ sind und dass sie einen PC bedienen können und deshalb der Meinung sind, das reicht aus, um sich Mediengestalter zu schimpfen. Doch selbst die von euch, die eine Ausbildung absolviert haben, haben vielleicht vergessen. was das ist. Darum hier eine kleine Auffrischung: Wir drucken ja keinen Briefbogen, sondern etwas anderes - also irgendetwas, wo ein Bild drauf ist... ein Heft, wir drucken ein Heft. Dies ist komplett 4-farbig (CMYK) und von vorne bis hinten mit bunten Bildern zugeklatscht. Wir drucken ja dieses CMYK gerastert. Also eine Menge Punkte in den 4 Farben und unser Auge mischt diese Punkte dann zu einem Bild. Wenn wir nun aber den Punkt auf der Platte betrachten, ist dieser wesentlich kleiner, als auf dem Offsetpapierdruckbogen (krasses Wort oder? So voll lang,... gibt’s das überhaupt und wenn ja, wird es dann wirklich zusammen geschrieben?). Jedenfalls liegt das daran, dass sich das Papier wie Löschpapier verhält, nicht ganz so schlimm, aber eben vom Prinzip her. Der Punkt läuft breit, wie wenn man mit einem Edding auf Löschpapier schreibt. Dies hat zur Folge, dass die Bilder insgesamt matschig aussehen. Zumindest sehr viel matschiger, als auf Bilderdruckpapier. Doch das ist nicht einmal das Schlimmste. Schlimmer ist, dass durch diesen Effekt das Lackieren des Druckbogens nur begrenzt Sinn macht. Der Lack versiegelt die Oberfläche nicht so wirklich, weil diese einfach zu rau ist. Bei Bilderdruck,... kein Thema. Unversiegelte Farbe braucht seeeeeehr lange, bis sie trocken ist, was nicht heißt, dass sie jemals scheuerfest ist. Reibt man zwei Visitenkarten, die auf Offsetpapier gedruckt worden sind, aneinander, sieht man den Effekt: hässliche Flecken in der Farbe der Visitenkarte.

5_Abb_Offsetpapier.jpg

⌙  Punkt - Abbildung stark vergrößert

Links seht ihr einen Punkt auf Bilderdruckpapier, rechts den gleichen Punkt auf Offsetpapier, der wesentlich größer und verlaufender aussieht.

Aber zurück zu unserem Auftrag: Wir machen ja ein Heft, was mechanisch ganz schön was aushalten muss. Denn dieses Heft ist A5 und hat 60 Seiten. Zudem ist es auf 120g/m² Offsetpapier gedruckt. Dieses Heft wird geschnitten, worauf ca. 2 Tonnen Druck auf den Bogen lasten. Danach wird es zusammengetragen, auch hier kommt es mit Tastfüßen und Saugern in Berührung,... danach gerade stoßen: 2 Anschläge hämmern auf das Heft ein, getackert,.. dass dies nicht harmlos ist, versteht sich von selbst. Anschließend läuft es durch den Schwertfalz und wird zusammengepresst, um schlussendlich noch einmal beschnitten zu werden. Da macht dieses Heft einiges mit. Bei diesem Papier lässt es sich kaum vermeiden, dass hier und da hässliche Flecken entstehen. Ich sage bewusst „kaum“, denn ich bin den ganzen Tag mit einer Packung Taschentücher herumgerannt und habe die Maschine überall da mit Taschentüchern und Klebeband umwickelt, wo das Heft von der Maschine - ich sage mal "unsanft behandelt worden ist". Und dann ist dieses Heft so dick durch dieses Papier, dass es sich automatisch von allein wieder aufschlägt. Es ist einfach zu steif. Also warum,... warum musste es denn unbedingt Offsetpapier sein? Klar musste es 120g/m² sein, wäre es dünner, könnte man ja denken es handelt sich um billiges Druckerpapier. Doch das ist es immer noch!!! Auch wenn es das zehnfache kostet, heißt es nicht, dass es toll ist, sondern nur, dass ein paar unvernünftig genug sind, es trotzdem zu kaufen und dann auch noch der Meinung sind, sie hätten total edles Papier. Bilderdruckpapier ist für so etwas konzipiert, aber anscheinend zu „Mainstream“ - sagt man das so unter coolen hippen Designern? Mittlerweile ist Offset so beliebt, dass unzählige sündhaft teure Papiersorten auftauchen. Offsetpapier, dass zu Wucherpreisen verkauft wird, weil es einen leichten Gelbton hat, oder weil es schlichtweg Design-Offset heißt. Macht nicht so einen Quatsch! Seid euch im Klaren, was ihr machen wollt und seid euch im Klaren, welches Papier dazu geeignet ist. Man druckt schließlich auch keine Visitenkarten auf Backpapier. So uncool es auch sein mag mit dem Strom zu schwimmen, aber vielleicht hat es ja einen Grund, dass alle in die selbe Richtung wollen, denn in der anderen Richtung siehts ääähm... Mist ich finde keinen guten Abschluss für die Metapher... egal....

Und die Moral von Geschicht':

Bilderdruck gut, Offset nicht!

 

Wieso tut ihr mir das an? - 5

Merline

Nebel am See, Sonne im Herzen

Danke für diese Infos, ich hab mal wieder einiges dazugelernt!Gilt dieser Reibetest, den Du für die Visitenkarten beschreibst, generell für Offset-Papier?Wenn ich unsere Vordrucke für Firmenanwenderberichte oder Datenblätter aneinander reibe (160g/m2, aber keine Ahnung, welche Papierart), färben sie aufeinander ab. Was mich allerdings nicht wirklich wundert, diese Mistdinger haben nämlich auch schon unseren Drucker versaut.
 

subcomtom

Nicht lieb

Wenn man die Kapazitäten oder über Zeit verfügt kann man für Offset-Papiere eine andere Sorte Skalenfarbe nehmen. Es gibt ja auch abriebfestere die allerdings auf glänzenden und evtl. auch matten Bilderdruck nicht so gute Eigenschaften haben. Zum Verständnis: Ohne Abrieb geht es bei Offsetpapieren nie, man kann es es aber vermindern.
 

excelfreak

Aktives Mitglied

Wenn Du bei den Fakten bleibst und nicht zu einem ungerechtfertigten Rundumschlag ausholst (Zitat: "Zumindest diese von euch, die eine Ausbildung haben und nicht einfach nur der Meinung sind, dass sie „total kreativ“ sind und dass sie einen PC bedienen können und deshalb der Meinung sind, das reicht aus, um sich Mediengestalter zu schimpfen.") ist diese Kolumne sehr lesenswert und man lernt auch etwas. Falls jetzt gleich die Frage kommt: nein, ich bin kein Mediengestalter. Aber ich bin der Meinung, Kompetenz mit einer "Ausbildung" zu verbinden, ist etwas zu kurz gesprungen. Und pauschal abwertend!
 

virra

lazy lizzard

Ganz ehrlich? Ich HAB ne Ausbildung und bis eben das Wort Offsetpapier noch NIE gehört. Spricht das jetzt für oder gegen mich?Kann mir im Moment auch immernoch nicht so recht vorstellen, wo der Unterschied zwischen Offsetpapier und einem offenen Papier liegen soll. … oder ist am Ende sogar das damit gemeint??
 

Naila

Naschkatze

Offsetpapier ist Druckerpapier, wie man es von jedem Hausdrucker kennt, was man auch in Schreibwarengeschäften kennt. Es ist geeignet, um vor allem darauf schreiben zu kennen. Wird auch bei Briefbögen, Blöcken etc. verwendet.Bilderdruckpapier ist das, was man von Flyern, Hochglanzmagazinen, und eigentlich sämtlichen anderen Druckprodukten kennt. Dafür ist es auch da, es ist glatter und nimmt die Farbe besser an, wird schneller trocken und die Farbe verläuft darauf nicht.
 

Mr. Hyde

....

Hast du schonmal was von Punktzuwachs, Verdrängung, FM- und AM-Raster gehört?Das sind so Sachen, die man eben in einer Ausbildung lernt und die wichtig sind, wenn man sich in einer Druckerei bewirbt. Und wenn ja, dann zählst du zu den wenigen gut informierten Menschen der Welt und wenn nein, ist es auch nicht so schlimm, denn die meisten Mediengestalter mit Ausbildung vergessen sowas auch meist wieder. ;)
 

virra

lazy lizzard

Na, dann ist der Trend wohl an mir vorbei gegangen. Ich kenne sehr schöne Prospekte mit toller Haptik auf ungestrichenen Papieren, aber das wars dann auch. Gutes Briefpapier macht man gerne auf Feinpapieren. Hm. Muss mal meine Druckerei fragen, was bei denen als Offsetpapier durchgehen würde.
 

Pixel0

Noch nicht viel geschrieben

Schön wäre, wenn das teilweise wirklich interessante Fachwissen nicht durch diesen ständig erhobenen Zeigefinger und dieser unangenehmen Attitude von „Ich Fachmann, der Rest doof“ verdorben werden würde.
 
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