Man setze sich in einen Wagen, fahre damit von einem Punkt A ein paar Meter hinüber zum Punkt B und nehme die Bewegung von außen betrachtet auf. Nichts leichter als das. Tauscht man in diesem Beispiel jedoch den Wagen mit einem Paket aus Photonen, so wird es schon schwieriger, denn immerhin bewegt sich ein solches Lichtbündel maximal mit ungefähren 300.000 Kilometern pro Sekunde fort – also mit Lichtgeschwindigkeit, Vakuum vorausgesetzt.
Dass derartige Aufnahmen grundsätzlich möglich sind, wurde bereits zuvor gezeigt, wie im Video ab Minute 5:31 zu sehen ist. Bislang sind hierfür allerdings überwiegend mehrere sich wiederholende Aufnahmen erforderlich. Bedeutet: Das Paket wird abgeschickt und fotografiert. Dann wird ein weiteres Paket in Fahrt gebracht und fotografiert, und so weiter, bis man aus den einzelnen Bildern ein Video zusammenstellen kann.
Forschern der Washington University in St. Louis war dieser Prozess offensichtlich zu aufwendig. Anders formuliert arbeiten sie seit geraumer Zeit an einer Methode, einen Lichtpuls direkt zu filmen, so wie wir es vom Alltag und dem oben benannten Beispiel des fahrenden Autos her kennen. Also: Kamera platzieren, Lichtpaket losschicken und dessen Bewegung „einfach“ in einem Video aufnehmen.
Lichtpulse werden reflektiert und bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten
Bereits im Dezember 2014 präsentierten Liang Gao und Kollegen ein bestaunenswertes Video. Darin unter anderem zu sehen: Ein Lichtpuls, der von einem Spiegel reflektiert wird (im Video ab Sekunde 16). Ein weiterer, der beim Übergang von Luft in ein Kunstharz gebrochen wird (ab Sekunde 19). Und zwei Lichtpulse, die sich in Luft und Kunstharz ein Wettrennen liefern (ab Sekunde 21):
Dass hierbei das Lichtbündel in der Luft das Rennen macht und schneller vorüberfliegt, ist auf den Brechungsindex der Materialien zurückzuführen. Im Vakuum liegt der ganz genau bei 1 und das Licht kann sich mit maximaler Geschwindigkeit fortbewegen. Je höher dann der Wert, umso langsamer das Licht.
Neu aufgenommen: der „photonische Mach-Kegel“
Den Effekt des Einflusses des Brechungsindex auf die Ausbreitung des Lichts machten sich die Forscher (in einer ähnlichen Teamzusammensetzung wie zuvor) . Das Ziel dieses Mal: den „photonischen Mach-Kegel“ aufzeichnen.
Die nicht-photonische Variante kennt man bzw. hat man sicherlich schon einmal davon gehört, im wahrsten Sinne des Wortes. Fliegt zum Beispiel ein Düsenjet gemächlich durch die Luft, so treibt er die Luft vor sich her und generiert damit Druckwellen, die sich mit Schallgeschwindigkeit von ihm entfernen. Durchbricht das Fluggerät jedoch die (gedachte) Schallmauer, übersteigt also seine eigene Geschwindigkeit die des Schalls, fliegt er den Druckwellen davon. In der Folge entstehen heftige Stoßwellen, die es einmal ordentlich krachen lassen.
Beim Schall geschieht all dies bei überschaubaren Geschwindigkeiten von einigen Hundert bis ein paar Tausend Metern pro Sekunde. Und auch bei Licht gibt es einen solchen Kegel, nur sind die Geschwindigkeiten eben um ein Vielfaches höher.
Um den „photonischen Mach-Kegel“ nun zu filmen, installierten die Forscher einen Kanal, der mit Nebel aus Trockeneis befüllt wurde. Begrenzt wurde dieser von transparentem Silikongummi, durchsetzt von Aluminiumoxid-Teilchen, die als Streukörper wirken.
Ein grüner Lichtpuls von kurzen 7 Pikosekunden eines Lasers wurde dann durch den Kanal auf Reisen geschickt. Dieser „sah“ in seiner Bewegung nun also zum einen den Trockeneisnebel mit einem ungefähren Brechungsindex von 1 und das umgebende Silikongummi mit einem höheren Brechungsindex von circa 1,4. Im Tunnel ging es für den Lichtpuls also schneller voran als für die gestreuten Lichtwellen in der Silikongummi-Umgebung. Als Resultat zeigte sich der Mach-Kegel. Dieser ist in der folgenden Abbildung im oberen Bereich (B) zu sehen. Man erinnere sich noch einmal an das Flugzeug, das schneller als der Schall fliegt.
Im Gegenversuch wurde der Kanal mit einem Öl befüllt, das einen Brechungsindex von 1,8 aufweist. In diesem Medium breitete sich der Lichtpuls nun langsamer als seine gebrochenen Kollegen im Silikongummi aus. Die Folge: Der Mach-Kegel war nicht zu beobachten, wie es bei einem Flugzeug der Fall ist, wenn dieses langsamer als die Schallgeschwindigkeit fliegt.
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Zur Aufnahme bedurfte es im Übrigen nicht nur eines einzelnen detektierenden Gerätes. Zum Einsatz kamen stattdessen eine Streak-Kamera in Kombination mit zwei weiteren Sensoren auf CCD-Basis, die das Geschehen jeweils aus anderen Blickwinkeln betrachteten.
Eigentlich basiert das Gezeigte im Endeffekt dann auch nur auf einer einzelnen Aufnahme der Streak-Kamera, die jedoch zahlreiche Informationen des gesamten Lichtfluges enthält. Mit diesen und den Daten der beiden anderen Sensoren kann der zeitliche Ablauf des Events per Algorithmus rückgerechnet werden, und zwar so zeitaufgelöst, dass sich aus dem Prozess im Grunde 100 Milliarden Bilder pro Sekunde ergeben.
Ein potenzielles Anwendungsfeld lassen die Forscher natürlich auch durchblicken. So könne man bei entsprechender Weiterentwicklung beispielsweise Fortschritte im Bereich der Biomedizin erzielen: „Unsere Kamera ist schnell genug, um zu beobachten, wie Neuronen feuern“, meint einer der Forscher in diesem Artikel von LiveScience. Wohl noch Zukunftsmusik. Doch bei der wird ja bekanntlich immer nur ein Ton nach dem anderen angeschlagen.
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Euer Jens
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