Verstehen wir die vorgelagerte Entstehungsgeschichte als einen digitalen Zeugungsakt, so markiert der 19.2.1990 quasi die Geburtsstunde von Photoshop. Denn an diesem Tage erschien Version 1.0 eines Programms, das sich anschickte, die Welt der Bildbearbeitung zu erobern – und zwar mit beachtlichem Erfolg. Holen wir also die Sektflaschen hervor und lassen wir die Korken knallen: Photoshop feiert das 30-Jährige.
1987–1990–2020: Von Ebenen zu Cloud-Dokumenten
Dass die Gebrüder Knoll, zunächst Thomas für sich und anschließend im Bunde mit John, den ursprünglichen Keim für das Programm pflanzten, ist im hiesigen Forum vermutlich bekannte Geschichte. 1987 tippte Thomas Knoll die ersten Entwicklungszeilen, woraufhin das kommende Baby erst „Display“ und zwischenzeitlich im gemeinsamen Vertrieb mit einem Scanner „Image Pro“ genannt wurde. Schließlich wurde eine Firma namens Adobe, in Person vertreten durch Art Director Russel Brown, aufmerksam, sah offensichtlich Potenzial in dem Programm und griff zu. 1988 ein Vertrag, 1990 Version 1.0 für den Apple Macintosh, circa zwei Jahre darauf eine erste Windows-Version …
Blickt man in einem Überflug auf die vergangenen drei Dekaden, so darf durchaus bemerkt werden, dass sich Photoshop immer wieder und mal mehr, mal weniger innovativ erweitert hat.
Wer in dem Programm heute beispielsweise mit CMYK-Farben, Pfaden, Ebenen, Mischmodi, Aktionen oder dem magnetischen Lasso jongliert, nutzt Funktionen, die bereits in den 90er-Jahren nach und nach eingeführt wurden. Im darauffolgenden Jahrzehnt kamen unter anderem so namhafte Neuerungen wie Vektorformen, Ebenenstile, Smartobjekte, die Schnellauswahl sowie verschiedenste Filter hinzu. Auch begrüßte Photoshop bereits 2002 ein überaus nützliches Plug-in, das auf den Namen Camera Raw hört.
Ab 2010 stehen zum Beispiel inhaltssensitive Funktionen und Zeichenflächen sowie allerorten vorgenommene Optimierungen auf der Mit-an-Bord-Seite des Programms. Auffälliger in den Vordergrund treten nunmehr Themenfelder, die von „Services“ und einer sogenannten „Cloud“ sprechen: Adobe Fonts, Adobe Stock, die CC-Bibliotheken, jüngst die Einführung von Cloud-Dokumenten und die zunehmende Vernetzung der verschiedenen Adobe-Programme markieren diesbezüglich einige markante Wegpunkte auf der gegangenen Roadmap.
Bei all dem nicht zu vergessen ist natürlich der Wandel der Verkaufsstrategie, die sich in den gröbsten Zügen so zusammenfassen lässt: Photoshop, Creative Suite, Creative Cloud. Mit Aufkommen der zuletzt genannten Abo-Variante lachte sich Adobe den ein oder anderen Verdruss an. Diese Debatte hier aufzumachen, sprengte aber wohl den Rahmen. Sagen wir so: Das „CC“ wird da gemocht und ist dort verwunschen.
Photoshop wird regelmäßig erweitert – wie unlängst um die inhaltsbasierte Füllung.
Und was ist jetzt?
Es darf wohl mit Fug und Recht behauptet werden, dass mit Photoshop in puncto Bildbearbeitung nicht erst seit mittlerweile wahrlich alles möglich ist. Da sei die Frage erlaubt: Wohin gehst du, Photoshop?
Damals, als die Software das Licht der Welt erblickte, war die Cloud noch eine englische Wolke am Himmel, das Wörtchen Smartphone kam noch niemandem über die Lippen, eine App hieß staatstragend „Programm“, und dieses Programm kaufte man sich, um es zu besitzen. Heute: Internet unterwegs, Apps für alles und alle, Smartphone-Fotografie, Abonnements, Streaming et cetera… Ihr wisst schon – da hat sich was getan.
Wie also entwickelt sich das Schwergewicht Photoshop mit all den grandiosen Funktionen und Möglichkeiten weiter? Mal eine vollständig neue Benutzeroberfläche? „Clevere“ Algorithmen, denen ich nur noch sagen muss, was sie bitte für mich ausarbeiten sollen? Photoshop als geräteunabhängige Browser-Anwendung? … Nun ja, die Glaskugel steht auch nicht auf meinem Tisch, und so bleibt nur die Rolle des Beobachters.
Adobe jedenfalls belebt die Vorausschau auf die anstehenden zehn Jahre unter anderem mit folgenden Worten: „high performance processing“, „Sensei machine learning“, „connected services“ und „adaptive learning“. In etwa übersetzt und mit inhaltlichen Ergänzungen meinerseits versehen, meint dieser Ausblick wohl:
Die Prozesse sollen schneller laufen. Maschinenlernende Algorithmen sowie das Zusammenspiel verschiedener Services/Anwendungen spielen eine zunehmend gewichtigere Rolle. Und hinter dem Ausdruck „adaptive learning“ kann eventuell der Ausbau des bereits jetzt eingebauten Lernangebots vermutet werden, mit dem die Software ihre Anwender – vielleicht sogar situationsabhängig – anleitet, ganz im Sinne: „Photoshop, sage mir bitte, wie es geht.“ Darüber hinaus möchte Adobe Photoshop auf weitere Plattformen portieren, so wie zuletzt mit der iPad-Version geschehen.
Vor Kurzem erschien Photoshop auf dem iPad. Der dortige Funktionsumfang wird nach und nach ausgebaut.
Verbesserungen in der aktuellen Photoshop-Version
Anlässlich des 30. Geburtstags von Photoshop lässt es sich Adobe natürlich nicht nehmen, auch an den Funktionen des Programms zu schrauben. Die Änderungen hätten angesichts des Jubiläums zwar gerne und deutlich umfangreicher ausfallen dürfen, doch sei es drum. Hier sind sie:- Im Arbeitsbereich der inhaltsbasierten Füllung steht nun neben den Schaltflächen OK und Abbrechen auch die Anklickstation Anwenden zur Verfügung. Während man zur Bearbeitung eines weiteren Bildbereichs das Fenster bislang über OK verließ, um dann dahin zurückzukehren, kann man nun eine Bearbeitung anwenden und sofort den nächsten Bereich angehen.
- Die Bearbeitung von Bildern mit einer Tiefen-Map über den Weichzeichnungsfilter Objektivunschärfe soll aufgrund von GPU-Beschleunigung nun deutlich schneller ausfallen. Auch die Bildergebnisse des Filters sehen, Adobe zufolge, durch überarbeitete Algorithmen realistischer aus.
- In der iPad-Version von Photoshop gesellt sich das Objektauswahlwerkzeug zum Funktionsumfang. Die Handhabung von Texten wurde durch Integration verschiedener Einstellungsmöglichkeiten aufgewertet.
Neu an Bord der Photoshop-iPad-Version: das Werkzeug zur Objektauswahl.
Wenn man einem Programm überhaupt alles Gute wünschen kann, so sei dies hiermit geschehen. Schauen wir mal, was die Photoshop-Zukunft uns bringt.
Euer Jens
Bildquellen: Adobe