AW: Analogfotorafie im Aufwind!?
Als ich, vor vielen Jahren mit der Fotografiererei anfing, war die Welt noch schwarzweiß.
Na ja, nicht direkt, ganz so alt bin ich nun wirklich nicht. Aber ich versuchte, die Welt um mich herum SW wahrzunehmen, die intensive Literatur Ansel Adams tat ihr übriges. Da ich nie gute Abzüge aus den Laboren bekam, begann ich auch bald mit dem Entwickeln und Vergrößern, aber da ich damals noch armer Schüler bzw Student war, kam es nie über KB hinaus, eine AE1- Programm (japp, damals schon Canon - einmal angefixt...).
Es kam zum Teil wirklich vor, daß ich für einen einzigen Abzug in A3 mehrere Wochen abends in der Dunkelkammer verbracht hatte. Und erst, als ich las, daß selbst mein Gott, A. A., seine Bilder ebenfalls retuschierte, mit Pinsel und so, griff ich endlich zum Malkasten und machte die Fussel mit dem echten Pinselwerkzeug weg - auf A3 ist so ein verdammtes Staubkorn eben ein Hosenknopf und eine Dunkelkammer eben kein Reinraum.
Mittlerweile bin ich älter, habe Familie incl. 3 mehr oder weniger kleine Kinder, so daß eine Dunkelkammer aus mehreren Gründen nicht in Frage kommt, ganz abgesehen davon, daß wir kein extra Zimmer mit fließend Wasser übrig haben. Und wenn ich in der Küche aufbauen wollte, bekäme ich Ärger mit meiner Familienministerin.
In den letzten Jahren hatte ich die Fotografie komplett aus den Augen verloren, mein Leben hatte deutlich andere Schwerpunkte. Dann, seit etwa 2 Jahren brannte das verloren geglaubte Hobby (Passion?) wieder auf, ich kam mir vor wie ein Fremder in einem Fremden Land, als ich die Welt der Digitalfotografie zu erkunden begann. Dinge, die früher Science Fiction waren, standen plötzlich als Downloads frei verfügbar im Netz, Farbfilter nachträglich in Photoshop, HDR, nachträglicher Weißabgleich, zerstörungsfreie Bearbeitung, uvm.
Da stand auf einmal der junge Micha ganz neidisch hinter dem gegenwärtigen Micha, "hättichdasdamalsschongehabt...".
Ich bin, so scheint es mir, hin- und her gerissen zwischen den Welten. Zum einen vermisse ich die Erfahrung in der Dunkelkammer, die Spannung, was mich da nun aus der Entwicklerdose anschaut, was sich in der Entwicklerschale da für Schemen rausarbeiten, der Geruch und das schwummrige Licht. Ein echt sinnliches Erlebnis, weil eben so viele Sinne dabei angesprochen werden. Nicht vergessen werden sollte aber auch der Frust, wenn mal wieder nur Schrott bei rumkam und ein Haufen Arbeit für die Tonne war.
Andererseits die Familienfreundlichkeit, die die digitale Welt für mich bereithält. Ganz ohne giftige Chemie, ohne extra Zimmer, ohne finanzielle Eskapaden zusätzlich zur Kamera (gute Vergrößerer kosten immer noch gutes Geld), kann ich abends, wenn die Kinder schlafen, mich an die Bilder setzen, und sei es nur mal für ne halbe Stunde. Oder Dotsch änd Börn, wie Abwedeln und Nachbelichten gerne genannt werden, ging früher auf A3 nicht ohne Belichtungsplan - und bis ein Abzug - Verzeihung, Print! - fertig war, hatte ich vorher gut und gerne 20 Blatt mal durchgelassen. Viele Dinge, die ich früher gerne in der Dunkelkammer gemacht hatte, auch sogar gerne gemacht hatte, gehen heute nicht als Familienvater. Ist halt nunmal so.
Daher bin ich gegenwärtig gerne ein digitaler Hobbyfotograf, dessen analoge Kamera weiterhin ein Dornröschenschlaf in einer der Schubladen hält, bis eines Tages ein Prinz mit einer Rolle Kodak T- Max (meinen Lieblingen) kommt und sie wachküsst.
Abgesehen davon bin ich nur sehr eingeschränkt dem Motto "der Weg ist das Ziel" verpflichtet, ich sehe eher das gelungene, besser gesagt das "richtige" Bild als das Ziel, der Weg dahin mag dabei gerne einen kleinen Umweg machen.