AW: Fragen zum Farbkreis
Farblehren und die zur Demonstration dieser Lehren aufgebauten Farbkreise versuchen die Wahrnehmung der Farbtöne und die Gesetzmäßigkeiten zu erklären. Im Grunde sind es Theorien.
Die Gesetzmäßigkeit der Farbwahrnehmung habe ich erklärt. Diese beruhen auf physikalischen Gesetzen der unterschiedlichen Wellenlängen der Farbtöne im wahrnehmbaren Spektrum.
Theorien versuchen diese Gesetze festzulegen oder die Möglichkeit der mathematischen Berechnung zu erzeugen.
Das "normale" wahrnehmbare Farbspektrum gibt es eigentlich nicht, denn jeder Mensch sieht es anders, kann es aber nicht kommunizieren.
Das "normale" wahrnehmbare Farbspektrum ist der Regenbogen, bzw. das was Du davon siehst. Um es zu errechnen und damit die Möglichkeit zu schaffen das zu kommunizieren bedarf es Normen.
Dann muss erstmal die Lichtfarbe "weiß" festgelegt werden, denn der Regenbogen hat mittags ein anderes Spektrum als morgens und abends.
Und dann versuchen die unterschiedlichen Farblehren Gesetzmäßigkeiten festzulegen und auch die daraus resultierenden Farben zu errechnen.
Was bringt Dir ein Farbton den Du "Eisblau" nennst und unter dem sich jeder was anderes vorstellen kann.
Aber wie gesagt, bei den über 30 mir bekannten Farblehren handelt es sich um Theorien.
Und diese sind im Gegensatz zum Farbraum Ausgabeabhängig.
Jetzt gehen wir mal in die Praxis.
Wenn wir Farbe mischen geübt haben, dann wissen wir das eine Mischfarbe der dritten Ordnung dreckig wird. Mische ich zwei Grundfarben miteinander gibt es einen sauberen Mischton. Mische ich diese Mischfarbe wieder mit einer Grundfarbe geht das auch noch. Mische ich zwei Anmischungen, die aus jeweils zwei Grundfarben bestehen, bin ich in der 3. Ordnung und habe immer komplementäre Farbtöne in der Mischung. Schon sieht die Farbe dreckig aus. Denn wenn ich komplementäre Farben mische geht das Ergebniss Richtung Grau.
Wir sprechen übrigens von Körperfarben, also der subtraktiven Farbmischung.
Daraus ergibt sich logischerweise, das ein gedruckter 4-Farb-Satz, da er ja nur aus drei Grundfarben gemischt wird einen sehr kleinen Farbraum hat.
Dieser wird mit dem Trick vergrößert, das man nebeneinander liegende Rasterpunkte druckt, so das es keine echte Vermischung, sondern nur eine optische Mischung gibt.
Im Siebdruck, wo wir viel öfter mit Echtfarben drucken und somit auch viel öfter echte Farbmischungen machen, hat das System 21 von Marabu eben 21 Grundfarben. Daraus erzeugen wir ein mögliches Farbspektrum an echten gemischten Farben, das Du mit einem 4-Farb-Satz niemals erreichen könntest. Der dazu passende Farbkreis würde ganz anders aussehen als eben der RGB/CMY-Farbkreis.
Deshalb sagte ich Dir, das in allen
Druckjobs in denen aus den drei Grundfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz im Halbtondruck Bilder gedruckt werden die Dateien in CMYK angelegt werden.
Sobald ein Druckverfahren mit mehr als den 4 Grundfarben arbeitet, das gibt es in speziellen 6-oder gar 8-Farb-Offsetdrucken, das gibt es bei Tintenstrahlern die mit mehr als 4 Farben arbeiten, würdest Du das Spektrum der darstellbaren Farben einschränken, wenn Du mit CMYK arbeitest. Der darstellbare Farbraum ist größer als der CMYK-Farbraum. Hier arbeitet das RIP, bzw. der Druckertreiber oft
in RGB oder Lab.
Wenn Du
für Monitoranwendungen arbeitest, dann legst Du Deine Dateien auch
grundsätzlich in RGB an, denn der Monitor erzeugt seine Farben aus RGB. Auch hier gibt es die Verunreinigung in der dritten Mischordnung, es entstehen Pastelltöne.
Warum arbeiten die zuvor angesprochenen Systeme wie Kuler nicht mit dem Normfarb-System?
Tun sie doch!
Wenn Du bei Kuler auf "Create" klickst, siehst Du oben einen Farbkreis der auf dem Gegenfarbkreis basiert.
Dort siehst Du die RGB/CMY-Grundfarben. Darunter in den diversen Tabellen siehst Du die nach den gängigsten gebräuchlichen unterschiedlichen Farbnormen errechneten Werte. Jetzt könntest Du mit RGB/CMY jedoch nur die Farbtöne erzeugen die am Rande oder zur Mitte des Farbkreises sind. Niemals könntest Du eine dunklere Farbe erzeugen. Deswegen gibt es den Schieberegler zur hell/dunkel Steuerung.
RGB-Licht geht ja nur an/aus. Also muss es "gedimmt" werden.
Die Farbtöne die Du durch die Anordnung der kleinen Greifer erzeugst, sind harmonierende Farben. Das ist Harmonielehre, ein ganz anderes Thema. Es werden einfach gut zueinander passende Farben erzeugt.
Die Regler kannst Du ja auch so verschieben, das unharmonische Sets entstehen.
Der theoretische Typ errechnet vielleicht nach Gesetzmäßigkeiten der Harmonielehre die für eine Website gut zueinander passenden Farben.
Der künstlerische Typ hat´s in der Regel micht so mit dem Rechnen.
So ist Kuler nur ein Instrument um sich Farbkombinationen recht einfach anzuschauen.
Aber Kuler arbeitet ganz klar mit dem RGB/CMY Farbraum.
Kuler hat so direkt nichts mit Farblehre und Grundfarben zu tun.
Und warum arbeiten Künstler im herkömmlichen Sinn nach einem anderen Farbmodell?
Historisch betrachtet wurden Farben aus organischen oder anorganischen Stoffen hergestellt. Organische Stoffe waren in der Regel Farbstoffe, also gelöste Farben ohne Pigmente und mit recht kurzer Haltbarkeit. Anorganische Pigmente wie Schwermetallverbindungen oder Erdfarben hatten aber nicht die Brillianz der heutigen Pigmente. Wenn heute einer eine klassische RAL-Farbe mischt, dann wird dort immer ein kleiner Anteil Weiß oder Schwarz dazugemischt. Die klassische RAL ist ca. 100 Jahre alt, selbst zu dieser Zeit gab es einfach noch nicht die brillianten Pigmente die heute chemisch erzeugt werden.
Als Leonardo da Vinci seine Farbtheorie irgendwann um 1500 aufstellte, arbeitete man mit Ocker, Umbra und anderen Erden als Pigment, brannte diese oder behandelte sie chemisch, auch zu Goethes Zeiten knapp 1800. Es ist logisch, das deren Farbkreise nur aus diesen "dreckigen" Farben bestehen. Wenn heute ein Künstler ein Bild mit Ölfarben, deren Pigmentierung aus Erden besteht, malt, arbeitet er mit den alten Farbkreisen, aus diesen Pigmenten wären die reinen Farben die wir heute kennen ja gar nicht herstellbar.
Nochmal zum Schluss. Du musst Theorien und die Praxis trennen.
Theoretiker wollen alles errechnen.
In der Praxis interessieren uns nur der RGB/CMY und der Lab -Farbraum.
Farbräume sind Ausgabeunabhängig. Sie zeigen das theoretisch wahrnehmbare, aber nicht das auf dem Monitor Darstellbare oder Druckbare.
Das Farbspektrum geht vom kurzwelligen (violett) zum langwelligen Licht (rot). Wofür Du welchen Farbraum einstellst habe ich bereits geschrieben.
Die Farbkreise oder die bei RGB gebräuchlichen nierenförmigen Farbflächen sollen uns nur einen Farbraum optisch deutlich machen.
Farbkreise (Farblehren) sind Ausgabeabhängig. Sie zeigen das an, was mit den im Farbkreis benutzten Grundfarben mischbar ist, was der Monitor darstellen oder die Druckerei drucken kann.
Die Normung ist nötig um Farbtöne zu kommunizieren. (Ich weiß immer noch nicht in welcher Branche "alles" mit den genannten 12 Farbtönen geht)
Da jeder Mensch Farben anders sieht, möchte ich ja das Ergebniss der Druckerei nicht dem Zufall überlassen. Wenn Du Dich viel mit Farben beschäftigst wirst Du mit der Zeit viel mehr Farbtöne sehen als der untrainierte Mensch. HKS 12 und HKS 13 können viele Menschen nicht unterscheiden, falls sie nicht nebeneinander liegen. Das ist dann "Rot"
Über diese Themen gibt es ganz viele dicke Bücher.
Hallo zusammen.
Ich hoffe, dass ihr mir ein wenig Theorie-Unterricht geben könnt, damit ich den Farbkreis endlich "verstehe"
Die Theorie ist das was meine Aufsätze so lang macht.