Aus aktuellem Anlass (nach 10 Jahren lassen mein Mann und ich uns morgen endlich noch nachträglich gautschen), schreibe ich heute über diesen lustigen Brauch. Das Gautschfest ist eine Tradition, die bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgbar ist. Dabei werden Lehrlinge nach erfolgreicher Abschlussprüfung in einen Bottich mit Wasser geschmissen.
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Der Begriff
"Gautschen" ist der erste Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen von Papier.
Wer wird gegautscht?
Früher betraf es nur die Setzer und Drucker, heute werden auch Druckvorstufentechniker, Buchbinder und Mediengestalter gegautscht.
Die Personen
Neben dem Gäutschling braucht es noch mindestens zwei Packer, die den Gäutschling einfangen und ins Wasser werfen und natürlich den Gautschmeister.
Ablauf
Zuerst liest der Gautschmeister einen Text im Rahmen der Freisprechungszeremonie vor. Dann ruft er nach und nach die Gäutschlinge auf. Dabei weiß man allerdings nicht, wann man an der Reihe ist, denn man hat die Chance zu entfliehen. Schafft man es, muss man das Gautschfest nicht selber zahlen, so heißt es. Am Ende erhält man dann seinen Gautschbrief.
Die Symbolik
Es heißt, es gilt als das Abwaschen der schlechten Gewohnheiten in der Lehrzeit.
Morgen geht es also in unsere damalige Berufsschule nach Leipzig und dann werden wir endlich auch einen Gautschbrief auf Arbeit an die Wand hängen können, wir sind nämlich so ziemlich die Einzigen, die in unserer Firma keinen haben. Hoffentlich wird es nicht zu kalt morgen.
Erzählt mal, wer von euch durfte diesen Brauch auch noch erleben und wie war es denn? Es läuft ja überall ein wenig anders ab, ich würde mich über eure Berichte freuen, sofern das hier schon jemand durch hat.
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende und werde mich jetzt mental auf das kalte Nass vorbereiten
Eure Jenny
Nachtrag:
Nun möchte ich euch nicht vorenthalten, wie es denn gestern war:
Es war kalt! Und nass! Und lustig!
In Leipzig ist es wohl auch Brauch, nach der äußerlichen Reinigung auch eine innerliche Reinigung zu erhalten in Form eines wirklich ekligen Getränks. Es war grün, scharf und bitter. Vermutlich war Wasabi drin. Und da wir 10 Jahre zu spät kamen, um uns unseren Gautschbrief zu holen, wurden wir auch besonders gründlich gereinigt, in dem sie uns für jedes Jahr einmal untertauchten. Gemein! Dennoch: wir haben es überstanden und bereuen nicht, es endlich nachgeholt zu haben. Hier nun noch ein paar Eindrücke:
Der Bottich:
Es geht los:
Ich bin an der Reihe:
Unsere Gautschbriefe:
Wer die Möglichkeit hat, soetwas zu erleben, sollte sich das nicht entgehen lassen!