Moin Gopper ^^
Vieles wurde schon gesagt. Als Einsteiger würde ich jetzt allerdings nur Bahnhof verstehen, deshalb erlaube ich mir, das nochmal zusammenzufassen und zu ergänzen
VFX: Virtual Effects, idR. im Computer mittels CGI generierte Effekte, abzugrenzen von SFX, Special Effects - das sind die, in der mit Materie gearbeitet wird: abben Gummi-Köpfen, aufgemalten Narben, Kunstblut, Pyroeffekte wie Explosionen und Feuer, Wasser usw.
Hier haben wir das glaube auch schonmal abgegrenzt, ebenso wie das Wort Compositing.
Deiner Frage nach ist man demnach heute vorwiegend ein VFX-Artist und kein Composit
or bzw. Compositing-Artist, wobei letzterer eher für andere Sachen eingesetzt würde, wie Color Grading etc., soweit der Begriff überhaupt genutzt wird (und der VFX-Artist nicht eh alles mit macht ^^).
VFX sind sog. Post-Effekte, nach dem lateinischen Wort der Nachbearbeitung (post = nach, danach). D.h. idR. existiert schon irgend etwas, und das wird nachträglich mit Effekten versehen. Auch das genannte Color Grading gehört zur Post-Bearbeitung, da es zeitlich ganz am Schluss eingesetzt wird. Im Grunde sieht man 3D Objekte auch als Effekt an, deshalb wird meist erst der Realdreh durchgeführt und dann 3D nachträglich eingebaut. Oft genug läuft die Anpassung aber parallel.
Was kommt nun am Anfang? Weder Ei noch Henne, sondern das Drehbuch ^^ Und danach ein Storyboard.
In Zeiten sehr umfangreicher VFX reicht ein gescribbeltes Stück Papier (sorry an die Storyboarder, natürlich ist ein Storyboard wesentlich mehr!) selten aus, um einen Film auch filmisch zu erfassen. Sicher, da steht - richtig gemacht - eine Menge Zeugs drin, das die Kamera- (Zooms, Schwenks usw., unten) und Objektbewegungen (oben) per Symbole mit beschreibt. , in dem die Pfeile die Bewegungen andeuten. Aber bei Objekten und ganzen Szenen, die nur im Rechner existieren, oder auch bei sehr (VFX-) Action-lastigen Filmen, bedarf es schon einer optisch genaueren Darstellung des Filmablaufs. Und so wurde das
Animatic (Def.) geboren.
sind (idR. im Rechner) animierte Storyboards. Der Begriff wurde von einer Firma geprägt, ist m.W. mittlerweile aber gängig. Es gibt Animatics von extrem einfach - da werden z.B. Storyboard-Zeichnungen in PS zerschnibbelt und zu einfachsten Animationen zusammengesetzt, siehe Link - bis hin zu den großen, komplexen, bei denen nachgebaute und und ganze Szenen zum Einsatz kommen können. Eine Vereinfachung gegenüber dem fertigen Film besteht häufig im Licht und Material, um Arbeits- und Renderzeiten zu sparen, aber im Grunde findet man hier ebenso häufig schon ziemlich fertige Modelle. Um Verwechslungen zu vermeiden: da
wurde nichts vereinfacht, das
sind zunächst einfachere Modelle, die später evtl. verfeinert werden.
Es gibt zudem Animatics für reine 3D Filme, die dann "einfach" weiterentwickelt werden. Eines der besten Beispiele, das mir dazu einfällt fand ich auf der 2. Appleseed-DVD. Da werden im making of 4 Stadien, vom Storyboard bis zum fertigen Film, nebeneinander abgespielt. Ich habe selten ein so passgenaues Ballett gesehen. Und das
ist selten ^^
Man nennt die (oder eine, gängige) Methode, die dazu genutzt wird, Blocking. Das Wort kommt ursprünglich aus der Konstruktion und bedeutet hier, dass mit einfachsten Mitteln, nämlich Klötzen, Blocks, Figuren und Szenen vorgebaut und animiert werden, um Positionen, Größen, erste Bewegungen und Rhythmen festzuhalten und abschätzen zu können. Wir sind dabei immer noch im Rechner. Diese Blöcke können dann je nach Bedarf immer weiter ausgebaut und verfeinert werden, bis hin zum fertigen Modell. Das kann die Szene sein, einzelne Objekte und auch Charaktere.
Je nach Bedarf bedeutet: ein Animatic ist sehr Zeit aufwändig. Man macht es j nach Geld und Zeit nur da, wo es wirklich gebraucht wird, und/oder hält es in manchen Bereichen sehr wenig komplex, eben "mit Blöcken" und einfach nur herumgeschobenen Figuren/kollagenartig ausgeschnittenen Stücken des Storyboards, wo ausführliche Animatics nicht notwendig ist. Es sei denn, die Produzenten haben genügend Geld oder sehen eine Sparmaßnahme darin, erst alles als Animatic umzusetzen. Letztlich spart ein gut ausgeführtes Animatic Geld, weil man daran z.B. sehen kann, ob Szenen so überhaupt und mit welchem Aufwand machbar sind.
Was also genau wann und wo gemacht wird, hängt wie meist von vielen Faktoren ab wie dem Budget, der Zeit und natürlich den Leuten, die einem dazu zur Verfügung stehen, was auch wieder einen Geldfaktor darstellt.
Und damit hast Du Deine erste Antwort, was zuerst da ist: Idealerweise wird während des Filmens parallel schon an den 3D Modellen gearbeitet. Idealerweise sind diese Modelle während des Animatics entstanden und so ausgeführt, dass sie weiter verwertet werden können. Das gilt nicht nur für Charaktere, sondern für ganze Szenen, auch wenn die zu Anfang zu 90% nur "geblockt" wurden. Es kann aber eben auch sein, dass noch garnichts da ist.
U.U. stehen mit dem Animatic schon Kamerabewegungen fest. D.h. soweit in einem Film je etwas feststeht, werden doch schonmal ganze Drehbücher während des Drehs umgeschmissen, s.u.. Was das Animatic dann unbrauchbar machen kann, aber das ist eine andere Geschichte.
Aber was hilft es, wenn die Kamerabewegung im Raum schon feststeht? Das ist ziemlich einfach: bei stark VFX-lastigen Filmen kommen seit George Lucas ("
Dykstraflex" - Der Name war eigentlich ein Witz und bekam einen Oscar..) Kamerasysteme zum Einsatz, die einerseits einen Bewegungsablauf aufnehmen können, andererseits einen solchen Datensatz auch abspielen und damit die Bewegung exakt wiederholen können, die z.B. im Computer anhand einer virtuellen Szene schon erstellt wurde. Die Betonung liegt häufig auf der Wiedergabe, Fakt ist aber, das solche Systeme eben auch in die andere Richtung, nämlich vom Studio zum 3D Programm, zuarbeiten können (Mit 3D Software war bei Star Wars IV noch nicht so viel, aber später umso mehr). Aufwändige Systeme zeichnen dabei nicht nur die reine Position und damit die Bewegung sowie Drehung im Raum auf, sondern auch alle Kamera-relevanten Daten wie die von Balkanese freundlicher Weise eingeworfene Brennweite ^^. Und das Objektiv, den Zoomwert, Blende, Sensor bzw. Filmgröße und was eine Kamera(-aufzeichnung) noch so ausmacht. Bei aktuellen Kameras wird das eh alles digital mit aufgezeichet (Exif & IPTC). Und nicht selten kommen heute für Full-HD Aufnahmen nicht nur in günstigeren Produktionen ganz normale Spiegelreflex-Kameras zum Einsatz.
Kommt ein solches Rig (die Aufhängung der Kamera bzw. Aufzeichnung der Daten) zum Einsatz, kannst Du damit also in beide Richtungen Daten austauschen: aus dem 3D Programm ins Studio, und von dort zurück ins 3D Programm. Es kann aber auch schlicht zu teuer, zu aufwändig oder unmöglich sein, so ein System einzusetzen: Außenaufnahmen, riesige Areale die gefilmt werden sollen (und damit riesige Krananlagen bräuchten) oder ein sehr schmaler Geldbeutel können es schwierig bis unmöglich machen, dass die Realkamera die Bewegungen macht, die sie machen soll. Oder, sehr viel häufiger: sie macht sie, kann sie aber nicht aufzeichnen (Theoretisch wäre an dieser Stelle übrigens Realtracking der Kamera, ähnlich denen vom Motion Capturing, denkbar, wird m.W. aber (noch) nicht eingesetzt). Hier kommt dann das schon angedeutete
Kamera(motion)tracking zum Einsatz, eine Software, die Bewegungsabläufe aus dem schon generierten Film errechnen kann. Und zwar die der
Kamera, nicht die von Objekten. Das ist geringfügig anders als das reine Objektmotiontracking, aber es ist anders. So sehr, dass die Software bei bestimmten Bewegungs/Dreh-Kombinationen streikt. Dabei spreche ich nicht von Cinemas Trackern, die übrigens schon seit der R16 integriert und in der R18 erweitert wurden, sondern von Highend Software, wie z.B. . In so einem Fall wünscht man sich dann entweder das frühzeitige Ableben des Kameramannes (der man im Idealfall selbst war ^^) oder, freundlicher, die schon fertig getrackten Daten zurück.
Wie auch immer: auch hier gibt es nicht
die Henne oder
das Ei. Was man zuerst macht, Realdreh oder 3D Animation, hängt von ebenso vielen Faktoren ab wie der Frage, ob man mit einer Motion Control Kamera arbeiten kann oder lieber die Footage nachträglich mit einer Software trackt. Auch wenn die Informationen für die (3D) Kamera irgendwo her kommen müssen, die idR. erst hinterher rendert und am Schluss in die Footage eingebaut wird (Dein Compositing), ist die Frage nicht eindeutig zu beantworten, weil es kein "genau und immer so und nie anders" gibt. It depends, wie der Angelsachse gerne sagt.
Sicher, von außen gesehen gibt es Produktionen, wo jeder sofort sagen würde: bei den Szenen die Reihenfolge. Aber ein Dreh, egal welcher Größenordnung, kann immer durcheinander gebracht werden. Selbst wenn man selbst das Team
ist, kann die Ausrüstung unpassend sein, das Wetter oder beim Dreh stellt man fest, dass die Location letztlich suboptimal ist usw. Viele Dinge werden erst im Laufe der Produktion definitiv wahrgenommen und müssen dann angepasst oder geändert werden. Das ist auch bei Blockbustern Alltag, Blocking hin oder her.
Im blödsten Fall ist eines dieser Dinge die Wahrnehmung des Regisseurs, der das Drehbuch umschmeißt. Wenn es ganz dumm kommt, reißt er damit ganze Effektetagen mit in den Abgrund.
Siehe den Fall der Firma "Rythm & Hues", die die Effekte zu "Life of Pi" gemacht hatten und zur Oscar-Verleihung bereits alle auf der Straße saßen. Fehlkalkulation, sicher. Und zwar die falsche Einschätzung dessen, was der Regisseur noch alles haben wollte: ca. 90% des Filmes besteht aus CGI & VFX, fast sämtliche Tigerszenen, sämtliche Ozeanszenen. Also eben fast alles.
Du kannst jedenfalls davon ausgehen, dass bei dieser Produktion ein ständiges Hin und Her der Daten zwischen Studio und Effektschmiede stattgefunden hat, und sicher ist "Life of Pi" ein schlechtes Beispiel für Planung. Aber Du kannst getrost davon ausgehen, dass bei *jeder* Filmproduktion immer wieder jede Menge Planung einfach über den Haufen geworfen und während des Drehs komplett umkonzipiert wird. Das passiert so oft und in so großem Umfang, dass man es nicht häufig genug sagen kann
Ist ja herzig, was die SW aus der Bewegung markierter Objekte herausrechnen kann. Leider konnte ich keinen Part 2 finden, wäre interessant gewesen zu sehen was passiert, wenn die Karte mit den Markierungspunkten z.B. umgedreht wird, oder wenn das keine harte oder nicht so kontrastreiche Karte sondern flexibles Objekt wäre.
Warum sollte es einen Teil 2 dazu geben? Das will ja keiner sehen ^^
1. Wenn die Karte bewegt wird, bewegt sich die Szene mit der Karte mit. Da man sie vom Boden hochheben kann, würden also sämtliche Objekte mit gehen. Das sieht man übrigens sogar genau so im Film, und zwar schon im 1. Teil
Wenn die Karte umgedreht wird, werden die Punkte so lange getrackt, wie sie sichtbar sind. Was bei sehr steilen Winkeln zu sehr lustigen Bildern führen kann. Danach ist die Frage, in welcher Umgebung man sich befindet: In Cinema hat man selbst die Entscheidung im Griff, wie es danach weiter geht. Z.B. die Objekte sind "irgendwo" im Raum, oder werden schlicht ausgeblendet oder per Hand weiter positioniert. In einer VR-Umgebung (= "Virtual Reality") wird das Objekt automatisch ausgeblendet, sobald die Marker die Bühne verlassen. Und Rumdrehen oder flexibel gebogen sein gehört definitiv dazu
2. Bei einem flexiblen Objekt ist die Frage, in welchem Rahmen Toleranzen aktzeptiert werden beim Tracking. Das ist Definitionssache, liegt also wieder in Deiner Hand. Wird diese Toleranz verlassen, geht es bei 1. weiter
3. Ähnliches gilt für eine kontrastarme Aufnahme. Dass die Karte kontrastarm montiert oder ausgedruckt wird, können wir wohl ausschließen ^^ Schlechte Kamerasysteme gibt es aber genügend: gerade im VR Bereich wird heute gerne mit den Videokameras von Handys gearbeitet. Das ist ja einer der Einsatzbereiche: ich kann meinem Kunden live ein Möbel oder wie auch immer geartetes Objekt in einer beliebigen Umgebung zeigen. Und dafür sind Tablets und smarte Föne wie geschaffen. In dem Fall gilt wieder eine Toleranz (=> 1.). An den Grenzen zur Überschreitung dieser kann es z.B. zu heftigem Hin- und Herspringen der Objekte kommen, bevor sie einfach abgeschaltet werden.
Auch dieses Beispiel zeigt, dass eine exakte Planung notwendig und klar definierte Grenzen erforderlich sind, denn wenn plötzlich auf die dutzenden am Boden kreisenden 3D-Objekte ein Fuß hineinsteigt, wird die SW ganz schön ins Schwitzen kommen.
Die Software macht dann einfach garnichts, solange der Fuß die Karte nicht verdeckt. Sie projiziert lediglich die Objekte anhand der berechneten Positionen weiter auf die Videoaufnahme, und wenn da ein Fuß im Weg ist, werden die Objekte halt drüber gebügelt