AW: Kaufentscheidung Canon Objektiv
Kann es sein, daß ihr zu sehr in die professionelle Richtung denkt?
Da du auch mich vorher zitierst: nein
Mit dieser Anmerkung ging es mir auch mal darum, dass gerade große Zoombereiche oftmals sogar sehr qualitativ gefertigt werden und aber gar nicht für den Profifotografen im künstlerischen Kontext "gedacht" sein müssen, da es sehr viele Leute gibt, die beruflich auf eine gute Fotoausrüstung angewiesen sind, ohne dabei aber zu den "Kreativen" gezählt werden zu wollen.
...und auch wieder: ja
Denn irgendwo, wenn in einem "Foto-Forum" ist, denkt man vielleicht doch mehr und eher an "professionelle" Fotografie, nicht unbedingt "professionell" im Sinne von "damit Geld verdienen", doch halt vom Anspruch, der Qualität.
Als "Hobbyknipser" und am Anfang ohnehin häufig, überschaut man auch nicht wirklich, was man eigentlich fotografieren möchte.
Daher liest man häufig, auf die Nachfrage,
was derjenige fotografieren möchte: "mhhh, Tiere, Personen, bisschen Sport, Landschaft, naja so eigentlich alles".
Wenn dann vom "Profi" der Hinweis kommt, dass du dich ja spezialisieren "
musst", weil du eh nie für jede Situation gleichzeitig perfekt gerüstet bist, dann wirkt das für viele zurecht erst mal wie eine "arrogante Abfuhr".
Da spielen unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen eine Rolle.
Nur gibt es da auch noch andere Möglichkeiten: der "Hobbyknipser" kann eine Bridgekamera mit großen Zoombereich nutzen. Das erspart ja auch ne Menge Gewicht und Platz.
Wenn du nahezu alles mit einem Objektiv abdecken willst, wird das sonst auch eine Frage der Bauform, des Gewichts und des Geldes; ansonsten der Bildqualität.
Vielleicht denken wir da aber auch echt nicht genug, wie der "Hobbyknipser", eben weil diese Lösungen tatsächlich für uns nicht in Frage kommen.
Bleiben wir in Mailand. Du stehst vor dem Dom, mit dem Rücken am anderen Gebäude. Hoffnungslos mit einer Crop-DSLR und einer 50er BW.
Hoffnungslos?
Nun ja, wenn du das ganze Gebäude drauf haben willst, schon.
Aber was macht der kreative Fotograf? "Learn to isolate", schrieb David duChemin, wobei es nicht nur ums Freistellen geht, sondern auch darum, sich ein charakteristisches Detail herauszusuchen und entsprechend zu beschneiden. Gerade das fällt am Anfang sehr schwer, weil man der Meinung ist, man müsste den Betrachtern doch möglichst alles zeigen und man würde ihnen sonst etwas vorenthalten. Aber gut, weiter in der Situation. Im nächsten Moment entdecke ich auf dem Dach der Kathedrale einen Turmfalken; ich reiße die Kamera hoch und sehe... naja, Dach, Himmel, Stein, ach da: einen Punkt...
Da kann ich dann bei der Dia-Show zu hause meinen Freunden und Verwandten mit dem Laserpointer den Hinweis geben: "und hier," (während ich auf der 3x2m großen Leinwand den Bereich von der Größe eines 10 Cent Stücks umkreise, dessen Details nur farblich vom Himmel zu unterscheiden sind) "das war übrigens ein Turmfalke auf dem Dach, der hat da gerade eine Taube gerupft..."
Wo du gerade also ein 20mm gewünscht hast, brauchst du jetzt ein 200, nein, 300, nee eigentlich besser ein 500mm, um den Falken so halbwegs drauf zu bekommen.
Das geht dann natürlich aus der Hand gar nicht mehr, denn dann wäre schon am KB-VF die Belichtungszeit nur noch bei 1/500s möglich und bei Crop und den hohen Auflösungen vielleicht nur noch 1/800s, um nicht zu verwackeln - da muss das Objektiv also einen Bildstabilisator haben.
Sigma hat ein 150-500mm im Angebot: Gewicht (ohne Kamera) fast 1,8kg!
Wie gesagt, für den Dom selbst wünscht du dir aber ein 20mm.
Also um nicht wechseln zu müssen: ein 20-500 mit Bildstabilisator und 2.8er Blende...
Das wäre ein 25x Zoom.
Will man das (als Hobbyknisper) immer mit sich rum schleppen?
Mal abgesehen von Platz und Gewicht - was soll es denn kosten?
Auch als Hobbyknipser wird man sich daran gewöhnen müssen, dass einem sogar viele Bild werte Momente durch die Lappen gehen, eben weil man nicht die richtige Ausrüstung hat.
Damit will ich ja niemanden ärgern, sondern das sind Sachzwänge, da auch auf einer Urlaubsreise Gepäck, Gewicht und Ausrüstungskosten limitiert sind.
Das klingt vielleicht wie eine Abwertung, soll es aber gar nicht sein, doch für eben diese Erinnerungsfotos gibt es die Kompaktkameras und Bridgekameras. Manche von denen bringen ja tatsächlich 25x Zoom und mehr mit. Bsp. Fujifilm FinePix S8400W mit 44x Zoom in einem Äquivalent von 24 bis 1056mm (auf KB bezogen) und das ganze bei 2.9 Blende im WW (sicher, es geht dann hoch...) bei nur 700g Gewicht.
Nicht immer müssen diese Kameras von vornherein schlechte Bilder liefern und das ist durchaus nicht abwertend gemeint.
Dass in den Bergen der "Fußzoom" zuweilen sogar gefährlich und dadurch unmöglich ist, versteht sich. Doch auch da sind im Zweifel vielleicht sogar 200mm eines Zooms zu wenig.
Auch sind die Lichtverhältnisse nicht immer optimal, so dass das Bild einfach nicht so toll aussieht. Klar, es hat dann immer noch Erinnerungsqualität.
Dabei geht es nicht mal darum, dass es vielleicht allgemein recht "dunkel" war, sondern, dass das Licht einfach von der "falschen" Seite kam und jegliche Plastizität des Bildes weg ist.
Das ist halt auch der Grund, warum die meisten beeindruckenden Tier- und Naturfotos nicht im Vorbeigehen, oder von Wanderern gemacht werden, die die meisten Tiere in den interessanten Momenten auch eh nicht zu Gesicht bekommen, da sie diese durch ihr Verhalten eher aufschrecken.
Der Tierfotograf sucht sich gewissenhaft eine Stelle aus, die er dann mitunter sogar tagelang nicht mehr verlässt, um eben die Tiere nicht zu verschrecken.
Dass er dann dafür auch ein langes Rohr braucht, ist klar. Auch er setzt dann zuweilen Zooms ein.
Dort resultiert es also mehr aus einem professionellen Vorgehen, um professionelle Ergebnisse zu erzielen. Wenn er dann aber auch Wert auf Zuverlässigkeit, Wasser- und Staubdichtigkeit und natürlich optische Güte der Geräte legt, dann ist das, zusammen mit all den Mühen, verständlich.
Logisch, ein "Hobbyknipser" will das alles gar nicht.
Im Allgemeinen ist es nur so, dass sich jemand eine DSLR kauft, weil er sich doch schon wünscht, "professioneller" in die Fotografie einzusteigen. Okay, manchmal spielen auch Prestige-Gedanken eine Rolle, aber das ist ein anderes Thema.
Und wer ernsthafter da einsteigen möchte, kommt gut, die Zusammenhänge und Hintergründe zu kennen. Letztlich hängen davon ja auch finanzielle Entscheidungen ab.
Bei knappem Budget wird das Wissen darum umso wichtiger.
Wenn also jemand fragt, ob dieses oder jenes Objektiv für seinen Zweck geeignet ist, gehe ich davon aus, dass es sich um eine ernsthafte Beschäftigung damit handelt...
Ansonsten kann man sagen, dass man jedes auf dem Markt befindliche und für den Anschluss passende Objektiv verwenden kann - Bilder entstehen dabei auf jeden Fall. Welchen Ansprüchen sie dann genügen, ist eine andere Frage.
Daher darf auch jeder seine Ansprüche und Möglichkeiten selbst bewerten und festlegen.
Bitte versteh mich nicht falsch, ich will dich damit keinesfalls angreifen, widerlegen oder sonst irgendwas in negativer Richtung.
Ich hab zwar viel zu viel geschrieben, aber das sind mal meine Gedanken zu dem "Profi vs. Hobby"
Denn natürlich
kann man ein 18-200 nehmen und ich bin mir sogar ziemlich sicher, das trotz der Grenzen des Objektives damit abhängig von Talent und Können wirklich beeindruckende Bilder entstehen können.
Liebe Grüße