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Also generell ist Ethik ein schwieriges Thema und es kommt natürlich immer auf die Situation und deren Umstände an. Ich habe bewusst nach dem WIR gefragt, da nicht alle Leute gleich agieren. Ich käme zB nie auf die Idee ein Tier oder ein Gemälde mit Blitz zu fotografieren. Bei Menschen (speziell Kindern) vermeide ich es so gut wie es geht, da mich das selbst stört. Da verzichte ich eher auf das Foto. Wenn ich mich aber so umschaue, dann bin ich anscheinend eine der wenigen die das so sieht.
Also hier meine Antworten:
Warum fotografieren wir auf Reisen: um den Augenblick festzuhalten, ein "Reisetagebuch" zu erstellen, das Erlebte auch den Daheimgebliebenen zu zeigen, usw. Für mich ist es auch ein Ausdruck von Kreativität und Schutz vor dem unbekannten/gefürchteten. Durch den Sucher der Kamera schaut ein Abgrund gar nicht mehr so schlimm aus.
Psychologische Gründe: das reicht von Maslows Selbstverwirklichung, über Freuds Zusammenhang von Fotografie & Psychologie (wie beeinflusst der Fotograf die Bildwirkung bzw wie beeinflusst das Foto selbst den Betrachter) und geht zurück zur Theorie des Jägers & Sammlers (auf der Jagd nach dem perfekten Foto & sammeln von Eindrücken bzw Erinnerungen. Hier habe ich aber gerade erst mit der Recherche angefangen. Ich persönlich beschäftige mich noch relativ wenig mit der Bildwirkung am Betrachter, aber den Rest kann ich bei mir nur bestätigen.
Risiko - ich vermute, dass es im Stadium des "fortgeschrittenen Fotografen" (also alles das über den gelegentlichen Knipser hinaus geht) 2 Arten von Fotografen gibt:
1) der, der von vornherein ein fixes Bild im Kopf hat und dann alles dafür tut um dieses dann auch zu erhalten - egal wie viel Zeit, Geld und Ärger es beansprucht
2) der, der ohne Erwartungen auf Fototour geht und das Beste aus der Situation macht. Dieser interagiert mit der Umgebung, also redet mit den Leuten, schaut sich vorher genau um bevor er ein Foto schießt und verzichtet im Zweifelsfall eher darauf.
Ich zähle mich definitiv zur 2. Gruppe. Man muss zwar dazusagen, dass ich so gut wie gar keine Menschen fotografiere (hauptsächlich Architektur, Landschaft und wenn es die Gelegenheit erlaubt auch Tiere), aber ich achte in den meisten Fällen sehr bewusst auf meine Umgebung. Also wenn ich zB meinen Standpunkt verändern muss um ein Tier gut abzulichten, überlege ich sehr genau wie weit ich mich nähern kann um es nicht zu verschrecken oder ob ich eh nichts in der Umgebung beschädige zB Blumen umtrete usw. Heißt aber nicht, dass ich nicht auch schon mal über eine Absperrung geklettert bin (auch wenn ich immer vorher sichergehe, dass weder mir noch der Umgebung etwas zustoßen kann bzw dass ich kein schlechtes Vorbild abgebe zB wenn Kinder in der Nähe sind). Ich weiß natürlich, dass die Absperrungen aus einem guten Grund da sind und auch wenn ihr jetzt schimpft mit mir - ich gebs ehrlich zu, dass ich das schon gemacht habe.
Überlegen vor dem Auslösen: die meisten Menschen haben gewisse Richtlinien die sie aufgrund von Erziehung/Religion usw automatisch einhalten, sich daher nicht extra Gedanken darüber machen (zb wie verhält man sich in religiösen Gebäuden, gegenüber von Menschen, usw). Ich denke nicht, dass sich viele vorher informieren bzw darüber nachdenken ob das OK ist. Dies gilt vor allem beim Reisen in anderen Kulturkreisen - zB denken manche Stämme, dass ein Foto die Seele raubt. Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich mich immer korrekt verhalte - interessanterweise entdecke ich aber an mir selbst eine Verhaltensänderung seit ich mich näher mit dem Thema beschäftige. Ich fotografiere weniger, nehme mir aber mehr Zeit und beobachte mehr das Verhalten - sowohl von Fotografen, als auch von deren (lebenden) Motiven.
Gegen Bezahlung: ich bin ein Hobbyfotograf - heißt ich bezahle keine Models, nehme aber im Gegenzug auch kein Geld für meine Fotos an (trifft in meinem Fall eigentlich wenig zu da ich wie gesagt so gut wie keine menschen fotografiere, aber ich verzichte eher auf das Foto). Es kommt wie immer auf die Situation an, aber prinzipiell finde ich es nicht OK, dass (speziell in anderen Kulturkreisen) Menschen davon leben sich zur Schau zu stellen und dafür von Touristen Geld zu bekommen. Natürlich ist das eine Leistung, die auch entsprechend entlohnt werden darf (Professionelle Fotomodels verlangen schließlich auch Geld) und gegen das Zusatzeinkommen ist sicher nichts einzuwenden, aber das wird halt meist sehr schnell zur Lebensgrundlage. Und der Tourismus ist zwar eine gute, aber keine sichere Einnahmequelle (sobald über Unruhen, Terrorismus, politische Streitigkeiten, Naturkatastrophen usw berichtet wird, fällt ein Großteil der Touristen plötzlich weg - auch wenn es eine Falschmeldung war, oder die Region/die Touristen gar nicht betroffen sind)
Für professionelle Fotografen bzw veröffentlichte Fotos gelten natürlich eigene Richtlinien - das Thema ist so schon breit genug, deshalb grenze ich das jetzt mal aus.
Seid ihr da meiner Meinung, oder würdet ihr mir in gewissen/allen Punkten widersprechen?