Im Jahr 1994 kreierte Vincent Connare, damals für das Typografie-Team von Microsoft im Einsatz, eine Schriftart, die vermutlich ebenso geliebt wie zugleich gehasst wurde (und wird?!) – die Comic Sans. Bezüglich seines Werkes gab der Schriftgestalter im Guardian-Interview mit Ben Beaumont-Thomas unlängst ein paar Worte von sich:
Entwickelt wurde die Comic Sans demzufolge für das Programm Microsoft Bob, welches sich an Kinder richtete (*Edit vom 21.4.2017: Bitte hierzu den Kommentar unten von Nirgal beachten). Startete die Software, so erschien ein Comic-Hund samt Sprechblase in Times New Roman. Damit jedoch, so meint Connare, würde kein Hund sprechen. Also machte er sich kurzerhand daran, eine Schriftart im Comic-Stil zu kreieren, wobei ihm Hefte wie die von Watchmen und Dark Knight Returns inspirierten.
Allerdings: Von Konzeption, Skizzen oder Studien war im Entstehungsprozess keine Rede. Stattdessen zeichnete Connare mehr oder weniger mit der Maus drauflos und löschte dann, was immer ihm falsch erschien. Dass das „p“ und das „q“ auf Anraten spiegelverkehrt dargestellt werden sollten, interessierte ihn wenig, ebenso wie eventuelle andere Vorgaben: „Ich brach die typografischen Regeln“, führt er dazu aus.
Bereits innerhalb von Microsoft habe die Comic Sans einige Diskussionen ausgelöst und für das Programm Microsoft Bob kam sie schließlich zu spät. Erfolge feierte sie dennoch – so wurde sie in internen Ankündigungen gerne für die etwas fröhlicheren Ereignisse wie Geburtstage verwendet.
Schließlich folgte Windows 95 und damit wurde die Comic Sans in den Adel der Microsoft-Standardschriftarten gehoben. Er selbst habe sein Werk dann „überall“ gesehen, beinahe gleichzeitig setzten aber auch die entsprechenden Gegenreaktionen ein.
Trotz dieser sei er nach wie vor stolz auf seine Comic Sans, schließlich habe sie ihren angedachten Zweck erfüllt – geschaffen für junge Computeranfänger habe sie sich genau in diesem Bereich behauptet.
Connare selbst hat die Schriftart nur ein einziges Mal verwendet – für ein Beschwerdeschreiben, das ihm beim betreffenden Unternehmen immerhin eine Rückerstattung von 10 Pfund einbrachte. Auch für solche Fälle empfiehlt er die Comic Sans – denn entgegen der grundlegenden Theorie, typografische Elemente sollten nicht „schreien“, tue die Comic Sans genau dies – sie „schreit“.
Im Interview äußert sich auch Tom Stephens zum Thema, dessen Job bei Microsoft damals darin bestand, Produkte und Schriftarten aufeinander abzustimmen. Zur Comic Sans: „Der Grad des Hasses war erstaunlich – und offen gesagt auch lustig. Ich konnte nicht glauben, dass sich Menschen über so etwas wie eine Schriftart derart aufregen.“ Sie würde falsch eingesetzt, meistens aber deshalb, weil Leute sie schlichtweg lieben, wie zum Beispiel in jener Präsentation, in der das Cern die Entdeckung des Higgs-Teilchens in Comic Sans bekannt gab. Wenn man Comic Sans verwende, so Stephens, setze man auch ein Statement: „Ich bin entspannter, kreativer. Ich arbeite zwar in diesem Bereich, aber dieser Job definiert mich nicht.“ Wie Connare führt auch Stephens an, in ihrem ursprünglich angedachten Zielbereich, nämlich dem für Computeranfänger, sei die Schriftart erfolgreich gewesen.
Das vollständige Interview findet ihr beim Guardian, Vincent Connare hat auf seiner Website selbst einen Bereich eingerichtet, in dem es um die Frage geht: „Warum Comic Sans?“
Euer Jens
Bildquelle Vorschau und Titel: Website von Vincent Connare