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Wieso tut ihr mir das an? - 1

Fehler, die Mediengestaltern passieren

Ab sofort wird mein Mann einmal wöchentlich aufzeigen, womit er sich auf der Arbeit rumschlagen muss, vor allem was die Gestaltung betrifft und wie man Fehler als Mediendesigner vermeiden kann, wenn man nur mal daran denkt, was später noch mit dem Produkt passieren wird. Viel Spaß!

Wieso_tut_ihr_mir_das_an.jpg

Hi, mein Name tut nichts zur Sache, ihr müsst nur wissen, dass ich als Buchbinder arbeite und mit einer Mediengestalterin verheiratet bin. Tätig bin ich in einer kleinen Druckerei. Ich kenne also beide Seiten bei der Produktion eines Druckproduktes. Sowohl die eigentliche Produktion, als auch die Gestaltung und den Satz des jeweiligen Auftrages. Ich kann euch sagen, es ist nicht immer leicht mit Mediengestaltern zurecht zukommen, denn die meisten von ihnen kennen sich nur in der Gestaltung und im Satz aus und machen dementsprechend Fehler, die ich dann als Buchbinder ausbaden muss. Dies bringt einen manchmal zur Weißglut. Darum möchte ich euch einmal wöchentlich aufzeigen, was Mediengestalter teilweise für einen Mist fabrizieren, um damit eventuell zu verhindern, dass euch sowas auch passiert.

Eins noch vorweg: es passierte keiner Mediengestalterin unserer Firma, sondern den Agenturen, die den Satz lieber selber übernehmen wollen.

Ein vermeintlich harmloser Auftrag hat mich heute wieder sehr geärgert. Es geht um einen Flyer. Dieser sollte zweimal gefalzt werden - im Wickelfalz [ca. ein Drittel nach innen gefalzt und dann nochmal halbiert (siehe Abbildung 1)]. Normalerweise kein Thema, aber ich habe aus gutem Grund oben geschrieben "ca. ein Drittel". Es ist eben nicht genau ein Drittel, doch der ein oder andere  Gestalter scheint das zu ignorieren. Und hat den Flyer so angelegt, dass der Flyer eben genau gedrittelt werden soll. Also in Maßen wie folgt:

Format offen: 31,5cm x 21cm

geschlossenes Format: 10,5cm x 21cm

Abb_1u2.jpg

Man sieht also anhand des Formates, dass er genau gedrittelt wird. Sowas funktioniert aber nicht bei einem Wickelfalz, denn die Seite, die nach innen gefalzt wird, sollte mind. 3 mm kürzer sein, ansonsten kommt es zu Doppelbrüchen (siehe Abbildung 2) in der Falzmaschine und der ganze Flyer "drängelt", wie wir Buchbinder gerne sagen. Das heißt: der Flyer hätte im ungefalzten Format auf 31,2 cm angelegt werden müssen. Nun ja, kein Problem, dachte ich mir, ich schneide ihn halt einfach 3 mm kürzer an der einen Seite, das ist das Einzige, was ich hätte tun können. Den Titel konnte ich nicht so viel länger lassen, denn alle beiden Brüche wurden durch Bildkanten definiert. Das heißt, ich kann da nicht variieren, denn ansonsten ist 1 mm bis 2 mm von dem Bild auf der anderen Seite des Falzes und das sieht scheiße aus. Mir blieb also nur die Möglichkeit, von der Innenseite des Flyers 3 mm wegzunehmen. Problem dabei: An der oberen rechten Ecke der Innenseite war ein Bild, das bis zum oberen und rechten Rand jeweils 5 mm misst. Nun ja,... am Ende war das Bild 5 mm vom oberen und nur noch 2 mm vom rechten Rand entfernt, was ebenfalls etwas bescheiden aussieht. Ich habe bei der Arbeit einen Hang zum Perfektionismus, doch hier hatte ich keine Chance. Ich hätte mir noch soviel Mühe geben können, doch das Produkt sah dennoch unschön aus. Sowas macht mir dann einfach keinen Spaß.

Und die Moral von der Geschicht:

Wenn ihr einen Wickelfalzflyer gestaltet, denkt daran, dass ihr ihn nicht einfach in 3 gleiche Seiten aufteilt, sondern die Seite die nach innen gefalzt wird, 3 mm kürzer anlegt. Also wie folgt: 10,5 cm, dann kommt der erste Falz, dann wieder 10,5 cm, hier kommt der 2. Falz und die letzte Seite wird nach innen gefalzt, diese sollte maximal 10,2 cm sein.

Ihr könnt etwas in dieser Welt bewegen... ihr könnt eine Generation von Mediengestaltern sein, die nicht immer und immer wieder die gleichen Fehler macht. Ich glaube an euch!

 

Wieso tut ihr mir das an? - 1

Rhigster

ErklärBär

Als professioneller und gestandener Mediengestalter bilde ich mir gerne ein, dass auch meine Kollegen da draußen solch elementares Wissen ihr Eigenen nennen und dementsprechend gestalten. Es ist eben doch so, dass auch Agenturen lieber Profis für Ihre Arbeiten engagieren sollten, damit am Ende auch alles schick ist.Was aber auch ärgerlich ist, ist die andere Seite der Medaille. Da legt man einen Flyer schön 100/100/97 an, definiert ordentliche Abstände, um mal nicht mit randabfallenden Elementen zu arbeiten und bekommt aus der Druckerei einen Flyer wieder, bei dem das Endformat kleiner geschnitten, die Falze nicht nicht getroffen und der Stand versaut wurden.Ursachen sind vielfältig, aber mich beschleicht immer wieder die Gewissheit, dass es zumeist Kostengründe sind, die zu solchen Ergebnissen führen. Die Agentur möchte keinen professionellen Mediengestalter bezahlen oder der Kunde will unbedingt beim billigsten Online-Drucker ordern."If you pay peanuts - you get monkeys!" Thats it!Vielen dank an den Namenlosen, ich freue mich auf die Serie und bin gespannt, was du noch so für Geschichten im Nähkästchen hast.
 

Merline

Nebel am See, Sonne im Herzen

Interessante neue Plauderecke, vielen Dank!Dieses Wickelfalz-Problem scheint ein Klassiker zu sein... das tröstet mich ein bisschen, denn unsere Marketingabteilung darf sich gerade auch wieder mit solch einem "Kunstwerk" einer Werbeagentur herumschlagen. In diesem Fall ist der Frust nicht nur auf Buchbinder-/Drucker-Seite: Wir "dürfen" mit teuer bezahlten Vorlagen arbeiten, auf die drucktechnisch kein Verlass ist.
 
Ich habe schon in einer Druckerei gearbeitet und buchbinderische Aufgaben übernommen und ich habe auch als Mediengestalter gearbeitet.Es ist wie ein gutes Fußballspiel, der Spielball wird immer hin und her gespielt. Was ich damit sagen will, es nehmen sich beide nicht viel. Es wird auf beiden Seiten über die andere geschimpft und Fehler werden auch auf beiden Seiten gemacht.
 

Aysha

Pixeljongleurin

Das ist eine feine Sache, mehr davon. Freu mich schon auf den nächsten lehrreichen Beitrag.Nicht nur interressant für Mediengestalter.
 

hel_mut

Noch nicht viel geschrieben

ist bekannt der Fehler, aber auch bekannt das viele Druckereien nicht bekannt geben was sie brauchen um ordentlich arbeiten zu können, da bin ich mal gespannt was noch so alles kommen wird...
 

fuchs50

Hobbyfotografin

Das ist eine interessante Serie und ich freue mich auf weitere Berichte.Ich habe viele Jahre im Vertrieb gearbeitet und dort auch mit Marketing zu tun gehabt. Es sollte eigentlich jedem klar sein, dass das Teil das nach innen gefalzt wird etwas kürzer sein muss, da es sonst zu hässlichen Doppelbrüchen kommt.
 

reitzi

User

Ich bin zwar weder Mediengestalter noch Buchbinder aber ich habe es gelesen und etwas daraus gelernt. Danke für den Erfahrungsbericht und ich freue mich auf Teil 2 der Serie.
 

rfg

Aktives Mitglied

Es wird dich nicht gerate trösten, aber, wenn ich jetzt das Haus verlasse, zwei - drei Anlaufstellen wo diverse Flyer ausliegen, bring ich dir eine Hand voll solcher Gestaltungskrüppel. Benötige dafür nur ein paar Minuten. Es ist einfach erschreckend. Bin Mediengestalter und nun mal auch nicht perfekt aber lernfähig. Dazu kommt, wenn man solchen "ich mach den Satz selber, kommt mir billig(er)" Layoutern sagt, worauf sie achten sollen, wissen sie es teilweise sogar noch besser. Wenn dann bei einem Kunden mal der Satz stimmt, - jeah, freu - dann hapert es gewaltig an der Rechtschreibung oder an diversen Buchstabendrehern. Dabei sind die 'Hurenkinder' und 'Schusterjungen' nicht zu vergessen. - Dir dabei mitfühle und ein Lied davon sing. - Bin gespannt auf Neues von dir. Viele Grüße.
 

Narrentanz

Pixelschmierer

Eine gute Idee für eine Serie. Bin gespannt wie's weiter geht.Zum Thema Wickelfalz: ist das nicht selbstverstänlich?Ich bin kein gelernter Mediengestalter oder Designer sondern Quereinsteiger. Aber dass man einen Wickelfalz nicht genau drittelt, sieht man ja nun schon, wenn man mal einen in die Hand nimmt. Zudem gibts ja extra Infos auf vielen Webseiten von Druckereien...Aber dazu müsste man sich vorgängig selbständig informieren, vielleicht ist das das Problem... :)
 

miella

Noch nicht viel geschrieben

Wirklich super! Nicht jeder Mediengestalter kann am Anfang seiner Karriere alles wissen und es ist toll, wenn man Gelegenheit bekommt mal auf die Seite zu schauen, die das kreierte Produkt produziert! Ich hoffe auf mehr solcher Einträge und werde all unsere Werkstudenten auf diese Serie aufmerksam machen :)
 
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