Knowhow: Die JPEG-Legende
Als wir damit begonnen haben, uns mit Bildbearbeitung zu beschäftigen, haben wir wahrscheinlich alle irgendwann mal gelernt: Ein bereits im JPEG-Format gesichertes Bild verliert an Qualität, wenn man es einmal oder gar mehrfach erneut in diesem Format speichert. Von Schritt zu Schritt verschwinden mehr Details, und zum Schluss ist kaum noch etwas zu erkennen. Da man weder Zeit noch Lust hat, und zudem die Notwendigkeit dazu nicht sieht, alles selbst auszuprobieren, was einem die Autoritäten als unumstößliche Wahrheiten verkünden, hält man sich an solch eherne Gesetze. Zumal das in den entsprechenden Artikeln nicht nur im Text behauptet, sondern auch durch entsprechende Bilder belegt wird. Vielleicht war es in der Anfangszeit dieses Speicherformats ja tatsächlich so – auch ich habe das nie nachgeprüft, sondern es mit reinem Herzen geglaubt und entsprechend angewandt. (Gewisse Dinge ändern sich halt. Galt früher: „Trenne nie st, denn das tut ihm weh“, so heißt es heute: „Willst du dich als klug erweisen, musst vom s das t du reißen“. Oder so ähnlich.) Aber irgendwann kommt die Praxis dazwischen – versehentlich speichert man doch ein weiteres Mal, und dann ist es geschehen! Schuldgefühle, Schweißausbrüche, Herzrasen. Wie sieht das dergestalt malträtierte Bild jetzt wohl aus?
Nach dem Öffnen ist der erste Eindruck der, dass sich gar nicht so viel verändert hat. Nun ja, die entsetzlichen Einzelheiten offenbaren sich wohl erst bei starker Vergrößerung. Also zoomen wir bis auf 1 600 Prozent rein und sehen in der Tat jene aus jeweils acht mal acht Pixeln aufgebauten JPEG-Artefakte mit merkwürdigen Streifen; mal hoch, mal quer, mal diagonal. Der Vergleich mit der ursprünglichen JPEG-Datei bei gleicher Zoom-Stufe erweist nun allerdings, dass sich bei genauerem Hinsehen nicht nur relativ wenig, sondern genau genommen überhaupt nichts verändert hat.
In den Büchern wiederholen die das der leichteren Nachvollziehbarkeit ja auch mehrfach, also machen auch wir das zehn Mal hintereinander. Doch, oh Wunder, selbst die zehnte Version unterschiedet sich in nichts von der ersten. Vorausgesetzt ist dabei selbstverständlich, dass Sie erstens dabei gleiche Kompressionsstufen verwenden (erst mit hoher, dann mit niedriger Qualität gesichert führt selbstverständlich zur Verschlechterung) und zweitens vor dem erneuten Sichern keine Eingriffe im Bild vorgenommen haben.
Obige Inschrift fotografierte ich im Kreuzgang der Lateran-Basilika in Rom (am C und hinterm A habe ich, zugegeben, ein wenig rumgestempelt). Das obere Bild zeigt die Qualität (1:1 sowie bei 1 600 Prozent) der Digitalkamera-Ausgabe. Im mittleren sehen Sie die Verschlechterung nach einmaligem JPEG-Sichern in Stufe 0, unten rechts nach fünf Mal. Im unteren Bild steht links die einmal, rechts die zehnmal gesicherte Variante.