AW: .. ein etwas anderer Vergleich ..
Hallo 3D Gemeinde
, erstaunlich wieviel Input hier auf mein Thema kommt. Vielen Dank!
Den Beitrag unten finde ich am ergiebigsten. Ich halte es für professionelle Bearbeitung für vorteilhaft, daß sich in bekannter, benutzerfreundlicher Microsoft- oder Mac-Umgebung mit hohem Wiedererkennungswert arbeiten läßt. Der Einstieg erfolgt einfach leichter. Cinema bleibt daher mein Favorit. Beruflich arbeite ich viel im CAD auf verschiedenster Software. Auch dort erfolgte die Einarbeitung durch die Standardisierung der Umgebung sehr zügig.
(...)
Blender brauchte sich auch vorher hinter keiner anderen großen 3D Software zu verstecken. Allerdings rechne ich Blender erst seit der Integration von dem Renderer Cycles zu den 8 Großen.
Durch seinen Umfang steht Blender den anderen nicht nur in nichts nach, sondern überholt in meinen Augen mit seinen speziellen Features wie der Gameengine oder den Compositing Tools einige der anderen großen Pakete. Trotzdem läuft Blender bei mir in vielen Punkten eher am Ende der Liste (wobei das hauptsächlich eine berufliche Betrachtung ist).
Warum?
Blender ist von Profis für Profis gemacht. Diese Aussage bedeutet im Klartext, dass Leute mit Vorbildung bei der Einarbeitung klar im Vorteil sind. Das Programm hat einen riesigen Umfang, ist aber vor allem auf Produktivität ausgerichtet, also nicht auf
einfache Bedienbarkeit, sondern auf
schnelle. Das trifft übrigens auf einige andere der 8 Großen ebenfalls zu. Die nicht minder abschreckend auf viele Neulinge wirken.
Das bedeutet nicht, dass Anfänger garnicht damit klar kommen. Aber es wird ihnen nicht einfach gemacht. Spielt wie schon oft erwähnt dann keine Rolle mehr, wenn man in die Tiefe eintaucht. Da wird
jedes 3D Programm komplex und erfordert massive Einarbeitung vom 3D Grafiker.
*
Blender ist entgegen einer vorheriger Darstellungen hier im Thread sehr wenig im Profibereich vertreten. Das liegt nicht an schlechter Qualität; die trifft wie gesagt nicht auf Blender zu.
Im Profibereich haben sich über die letzten 20 Jahre schlicht bestimmte Arbeitsumgebungen und -Abläufe eingeschliffen (die auch viele andere Softwarepakete einschließt - wer 3D macht, muss auch in Bildbearbeitung, Videobearbeitung und speziellem wie Gameengines arbeiten und alles verbinden können - diese Zusammenschlüsse sind die sog. Pipelines), die von den Studios nicht einfach so umgeworfen werden. Sie werden auch heute noch beibehalten, eine Umstellung wäre enorm teuer. Es sind ja nicht nur die Software Kosten, die hier eingespart werden könnten. Die Mitarbeiter müssten z.B. umgeschult werden, aber auch zig proprietäre (hausinterne) Software-Lösungen wie Plugins müssten umgeschrieben oder neu geschrieben werden. Zudem benutzen viele Häuser mehrere verschiedene 3D Pakete (darunter extrem selten Blender), weil es für das ein oder andere schon feste Lösungen in der Pipeline gibt. Es wäre also nicht damit getan, einfach alles auf ein OpenSource Pakete umzuswitchen, auch wenn es noch so gut ist. Nicht zu vergessen, dass Blender bis vor wenigen Jahren einen externen Renderer gebraucht hat, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Was für Cinema im übrigen auch gilt, aber auch Max, solange dort nur der Scanline Renderer werkelte, also bevor mental ray dazu kam, uvam. Allerdings war
das auch zu einer Zeit, wo GI oder Radiosity noch kein Standard in der Software war.
Die ganz zu Anfang genannten Punkte sind keine Punkte für oder gegen Benutzerfreundlichkeit. Benutzerfreundlichkeit ist keine persönliche Gefühlssache, sondern meßbar. Diese lag und liegt auch heute noch deutlich hinter anderen 3D Programmen zurück. Auch wenn es seit der 2.5 sehr viel besser geworden ist, keine Frage.
Auch wenn das dem geneigten Leser kaum auffällt, weil er sich ja hier im Forum bewegt: willst Du Blender benutzen und lernen, bist Du ohne Internet total aufgeschmissen. In Deutschland sind es z.Zt. knapp 70% der Haushalte, die dauerhaft ans Internet angeschlossen sind, wie diverse Statistiken sagen. Die Blender-Hilfe findet man nur im Internet. Du bist gerade als Einsteiger auf 1.000e von Text- und Video-Tutorials angewiesen, ganz zu schweigen von vielen Branches und den offiziellen Weiterentwicklungen, die es ebenfalls nur im Netz gibt. Und deren Dokumentation erst in Monaten bis Jahren herauskommt. Für mich als beruflichen 3D Grafiker je nach Lage übrigens ein Unding.
In Programmen wie Cinema ist alles integriert: die sehr umfangreiche Dokumentation und zig Einsteiger-Tutorials. Im CB enthaltene Materialien und Objekte helfen weiter beim Lernen, indem man sie aufmacht und anschaut. Die muss man sich für Blender erstmal suchen.
Blender ist in ständiger Entwicklung. Das ist eigentlich eine tolle Sache. Nachteilig wird es dann, wenn man Blender in einer beruflichen Pipeline einsetzen möchte. IdR. muss man Wochen oder Monate lang, eben je nach Projektlänge, bei der gleichen Version bleiben (=> "never change a running system"). Sicher kann man zur jeweils neuesten Version wechseln, und wer Überraschungen liebt, sollte das häufig tun. Die gleichen Überraschungen können aber tödlich für das aktuelle Projekt sein. Wer das schonmal gemacht hat, also während eines Projektes die Software ge-updated hat, weiß vermutlich, was ich meine.
Blender ist OpenSource. Das bedeutet auch, dass man z.B. keine Unterstützung vom "Hersteller" erwarten darf, wenn was schief geht. In dem Sinne gibt es ja keinen Hersteller. Sicher kann man Bugs berichten, aber ob und wann sie behoben werden, liegt ganz im Ermessen des jeweiligen Programmierers. Bei allen anderen 3D Paketen rufst Du bei Problemen mal eben beim Hersteller an.
Es gibt auch unzählige Plugins und spezielle Branches mit Extra-Features für und in Blender. Andersherum wird es aber schwierig, wenn ich ein bestimmtes Tool in Blender brauche. Sicher, solange es einen Programmierer im Studio gibt, ist das nur eine Frage der Zeit, bis ich genau das habe - dazu ist es ja OpenSource. Aber wenn nicht, muss ich u.U. doch wieder auf eine andere Pipeline ausweichen, um zum Ziel zu kommen.
Tutorials findet man viele, aber wie bei allen 3D-Programmen werden es sehr wenige, wenn es um komplexe Sachverhalte geht. Da die Blender Community aus den o.g. Gründen hauptsächlich aus Hobby-Usern besteht, ist der Anteil der Profis noch geringer, der Anteil der Profi-Tutorials ebenfalls.
Edit1:
Ja, auch ich bilde mich weiter. Aber ich mag keine Videotutorials. Jedenfalls sehr selten. Denn das sind echte Zeitdiebe.
Auch Du bist irgendwann an dem Punkt, wo Du nicht mehr jeden Klick, jede Drehung vorgemacht bekommen möchtest, weil Du schon eine Menge weißt und kannst. Die meisten umfassenden Tutorials scheinen aber gerade als Video vorzuliegen. Das gilt wohl für alle 3D Programme, für Blender mit seiner in vielen Bereichen unvollständigen Doku anscheinend ganz besonders. Es kommt mir so vor, als habe man dann die Wahl, entweder das Web nach leicht erfassbarem Textmaterial zu durchkämmen, oder eben lange vorm Monitor zu sitzen und Videos zu schauen.
So geballt mag das wie eine Absage an Blender klingen. Ist es nicht, aber man muss einfach wissen, wo man damit dran ist. Im Gegenteil möchte ich jedem empfehlen, sich vorbehaltslos auch mit Blender auseinander zu setzen. Zur ursprünglichen Frage dieses Jahre alten Threads kann ich nur sagen: wieso oder? Beides!
Zum Schluss: Arbeiten wie "
Elephants Dream" (Project Orange), "
Big Buck Bunny" (Peach), "
Sintel" (Durian) und "
Tears of Steel" (Mango) - nicht zu vergessen das Game "
Yo Frankie" (Apricot) - kommen übrigens
nicht aus Profihäusern, die auch Maya & Co benutzen, wie hier schon mal behauptet wurde. Diese Filme sind gezielt von der
Blender Foundation, heute das eigens für diese OpenProjects gegründete , in Zusammenarbeit mit reinen Blender Profis entwickelte Featurefilme, die zeigen sollen, was mit Blender geht und was demnächst so kommt.
Zumindest von "Elephants Dream" und "Big Buck Bunny" weiß ich, dass dazu in den Foren nach Blender Pros gesucht wurde, die dann für ein 1/2 Jahr in der Foundation Zentrale in Amsterdam unter bzw. mit Ton Roosendaal an diesem Film gearbeitet haben, und zwar bezahlt. Dafür wurden hier und da auch Tools entwickelt, die dann in Blender Einzug erhielten. Und dabei sind wirklich tolle Sachen bei herausgekommen, ohne Frage. Wer sie nicht kennt sollte sie sich unbedingt auf der Website anschauen - und darf auch ruhig ein bischen für blender donaten
*Um mal ein paar "einfache schwierige" Aufgaben für die oft angesprochene Tiefe zu geben mit dem Ziel Photorealismus und ohne Plugins oder spezielle Boardtools:
- Beleuchte eine komplexe Szene. Mit Standardlichtern, ohne GI
- Zerknülle ein Blatt Papier und falte es anschließend wieder auseinander
- Lass einen Wald wachsen
- Zerschieße eine Mauer in 1.000 Bruchstücke
- Zerreibe eine Frucht (Apfel, Birne..) so, dass das Fruchtinnere sichtbar wird und verteile Fruchtfleisch auf die eine, Schale und Kerne auf die andere Seite.
usw. Und das geht noch schwieriger.[/QUOTE]