Für sein Handwerk braucht Gian Luigi Carminati letztendlich nur ein paar Schraubendreher. Damit diese jedoch gekonnt und fachmännisch einwirken, sind überdies vor allem zwei Dinge von Nöten: Geduld und Erfahrung. Dass letztgenannte Voraussetzung mittlerweile in jeder Zelle seines Körpers ein Zuhause gefunden haben dürfte, legt seine über sechzigjährige Tätigkeit als Reparateur von Kameras eindeutig nahe. Und dass es dem Italiener in seiner Werkstatt in Milan auch an Geduld und der hierfür wohl erforderlichen Ruhe nicht fehlt, zeigt der folgende Videobeitrag von David Drills.
Der Regisseur und Filmemacher hatte die Gelegenheit, sich einmal in das Reich des Kamera-Reparierenden zu begeben. Dabei wurde geredet, wurden Vitrinen voller historischer Gerätschaften aufgenommen, wurde Carminati bei seiner Arbeit in den Fokus gerückt:
Sein Job sei es, Kameras zu reparieren. Punkt. Aber das sei bei Weitem keine ganz so einfache Angelegenheit, schließlich bringe jede Kamera und jedes Teil einen eigenen Mechanismus mit sich. Und wenn er mit ihnen sprechen könnte, mit den Kameras, so würde er ihnen schlichtweg danken, denn die Fotografie hätte einen großen Teil seines Lebens bestimmt.
Rückblickend hält er fest: Damals, als er anfing, seien die 35 mm der letzte Schrei gewesen – und nach einem gedachten Zeitsprung nach vorn meint er: „Als die Digitalen aufkamen, hatte ich das Gefühl, mein Job sei vorbei.“ Generell habe sich so einiges im Verlauf der Jahrzehnte geändert: „Wenn früher eine Person eine Rolleiflex hatte, konnte seine ganze Familie davon leben.“
Bezüglich des Analog-digital-Wandels bezieht Carminati klar Stellung und erinnert an die Faszination des Analogen, die eine Sache dann doch besser zu befriedigen wisse – die Lust des Menschen an der Überraschung. „Mit dem Digitalen“, so der Reparateur, „bleibt keine Überraschung mehr übrig, man weiß sofort, ob es gelungen ist oder nicht.“ Auch den Farben kann Carminati nicht unbedingt etwas abgewinnen: „Farbe lenkt dich vom Bild ab, schwarz und weiß ist … wahre Fotografie ist schwarz und weiß.“
Klingt nostalgisch. Ist nostalgisch. Und darf es auch gerne sein: Hier sprechen über 60 Jahre Erfahrung, die beim Gespräch über das Thema Kamera noch ebenso fröhlich lächeln, als hielten sie gerade ihre allererste Kamera in den Händen:
Euer Jens
Bildquelle Vorschau und Titel: Screenshot aus dem Video "Master of Cinema" von David Drills