In so manch Überschrift, auf so manch Plakat, Flyer oder Website-Banner sind sie gern gesehene und durchgängig genutzte Gäste: die Großbuchstaben. Man nehme zum Beispiel die Cover-Bilder im Shop von PSD-Tutorials.de, wo unter anderem geschrieben steht: „BILDBEARBEITUNG MIT GIMP FÜR EINSTEIGER“.
Formschön, wie ich finde, jedoch taucht dann hier und da auch Folgendes auf: „DAS GROSSE CORPORATE-DESIGN-PAKET“. Man stellt fest, das im Kleinen „große“ wird im Großen zum „GROSSEN“.
Was den Schweizer vermutlich müde lächeln lässt, ist dem Deutschen eine gesonderte Duden-Regel wert: „[...] bei Verwendung von Großbuchstaben steht SS für ß“.
Der Grund dafür: Seit Jahrhunderten spielt man dem Eszett übel mit und erlaubt ihm nicht, seinen großen Bruder mit an Bord des deutschen Alphabets zu holen. Während sich also „a“ bis „z“ und sogar „ä“, „ü“ und „ö“ mit ihren ausgewachsenen Pendants die Texte teilen, steht das „ß“ allein auf weiter Flur. Im ersten Teil der amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung nach dem Stand vom März 2006 (PDF) steht dazu lapidar und beinahe ß-diffamierend geschrieben: „Jeder Buchstabe existiert als Kleinbuchstabe und als Großbuchstabe (Ausnahme ß)“.
Doch das ändert sich jetzt: Seit dem heutigen 29.6.2017 darf hochoffiziell geschrieben werden: „DAS GROẞE CORPORATE-DESIGN-PAKET“ – das ẞ gehört zum deutschen Alphabet. Dies teilte der Rat für deutsche Rechtschreibung mit. Wohlgemerkt – die Variante mit „SS“ bleibt weiterhin gleichberechtigt möglich.
In der zugehörigen Pressemitteilung des Rats (PDF) wird angeführt, diese Änderung sei insbesondere wichtig für die korrekte Schreibung von Eigennamen in Pässen und Ausweisen. Dafür galt bislang, dass ausnahmsweise auch das kleine „ß“ verwendet werden durfte, um die Eindeutigkeit des Namens sicherzustellen.
Doch auch in der Gestaltung von Überschriften hat das Ganze durchaus Relevanz. So muss man künftig keinen „KLOSS“ mehr im Halse haben, niemanden mehr willkommen „HEISSEN“, einen „MASSSTAB“ angeben ... Nun ja, das kleine „SPÄSSCHEN“ ließe sich fortführen.
Jedenfalls und zusammengefasst: Gefällt euch in euren Designs das „SS“ nicht, weil das Wort irgendwie merkwürdig erscheint, dann nehmt doch einfach den Buchstaben hier: „ẞ“.
Unter Windows sprecht ihr den großen Eszett-Bruder mittels Shift + Alt Gr + ß an. Da man sich dabei ordentlich die Finger verrenken kann, empfiehlt sich alternativ Alt + 7838.
Am Mac scheint die Sache, nach vielem, was für mich zu lesen war, nicht ganz so einfach. Natürlich kann man sich das ẞ direkt aus dieser News kopieren. Ansonsten lässt sich einstellen, dass eine bestimmte Tastenkombination durch ein „ẞ“ ersetzt wird. Das geht, diesem Rat von chip.de folgend, in den Systemeinstellungen bei „Sprache & Text“ im Reiter „Text“. Dort aktiviere man die Symbol- und Textersetzung und gebe an, welche Zeichenkombination schließlich ins ẞ übersetzt werden soll.
Jetzt muss nur noch die gewählte Schriftart mitmachen und dem ẞ steht nichts mehr im Wege …
Nebenbei: In der Pressemitteilung wird auch über weitere Aktualisierungen der Rechtschreibung informiert. Bei Interesse möge man sie hier lesen.
Euer Jens