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Zurück in die Gegenwart – „Retronauting“ und Farbrekonstruktion

Die Suche nach dem Besonderen oder aber dem ganz Alltäglichen in dem, was einstmals war und mitunter doch allzu gegenwärtig erscheint.

Wolfgang Wild taucht als Retronaut in die Vergangenheit ein und nimmt uns in seiner fotografischen Zeitmaschine mit. Ziel seiner Unternehmung ist es, in den endlosen Weiten der archivierten Menschheitsvergangenheit nach Schätzen zu graben, die uns bislang eher bis völlig unbekannt waren und dringend ans Tagelicht befördert werden möchten. Im besten Falle verbreiten sich die Fundstücke dann auch noch viral.

„Wir streifen durch die Archive und Museen der Welt, sowohl physisch als auch digital, und halten Ausschau nach Material, das irgendwie nicht so richtig passt. Wir suchen Bilder, Filme, Sound, Geschichten und Lieder, die wir so nicht in unserem Blickfeld haben. Dinge, die unzeitgemäß erscheinen – es aber nicht sind. […] in den Worten von William Faulkner: ‚Die Vergangenheit ist niemals tot. Sie ist noch nicht einmal vergangen.‘“

So werden Geschichten wie die von Mr. Ralph „Tex“ Madsen wieder lebendig: Geboren in Nebraska im Jahr 1897 wuchs er nach und nach heran und überschaute seinen Alltag im Alter von 21 mit einer ausgewachsenen und beachtlichen Länge von 2,31 Meter! „Der größte Cowboy“ tourte mit seinem Manager Sam Houston durch die Staaten und wurde von diesem als Texaner vermarktet. „Tex“ wurde aber auch unter anderen Namen wie „Sky High Madison“, „High Bill Madesen“, „Sky Hi“, „Big Boy“, „Atta Boy“ und „Mr. Longfellow“ bekannt. Auftritte landauf, landab und in Filmen als Darsteller für die „großen Rollen“. Im ersten Weltkrieg wollte er sich einbringen, doch das Militär befand ihn schlichtweg für zu groß – ein zu leichtes Ziel im Schützengraben … 1932 heiratete er Verne Marie Rice, klassische 1,67 Meter, und im Alter von 51 Jahren verstarb er schließlich in seiner Heimat Nebraska.

Das „Retronauting“ und Wild selbst fanden im August/September 2014 mit Mashable eine neue Heimat. Seither wird an dieser Stelle der Blick zurückgewandt. Dabei erscheinen viele Aufnahmen, abgesehen von dem schwarz-weißen Erscheinungsbild, beinahe wie von heute: „Betrachter bekommen das Gefühl, als würden sie gar nicht in die Vergangenheit, sondern in eine andere Version der Gegenwart schauen.“, heißt es in einem Artikel von Fast Company. Tatsächlich könnten zum Beispiel die Katzen- und Hundefotos von Harry Whittier Frees mit etwas mehr Farbe so auch auf Instagram auftauchen und das Spiel von Kindern in den Straßen einer Stadt scheint sich auch nicht wesentlich gewandelt zu haben.

Natürlich gibt es sie aber – die Unterschiede: Während sich Bildbearbeiter heutzutage vor allem digital und mit allerlei Software-Werkzeugen um die perfekte Freistellung von Bildelementen bemühen, wurde früher ganz manuell Hand angelegt, wie in diesen Fotos von Hockey-Spielern zu sehen. Die Bilder wurden teilweise übermalt, „offensichtlich, um die einzelnen Spieler zu isolieren oder auszuschneiden und sie im Layout eines Posters oder Buches unterzubringen.“

Prinzessin Diana fühlt sich beim Tanz mit John Travolta in ihre Kindheit zurückversetzt. Leland Stanford engagiert den Fotografen Eadweard Muybridge, um der Frage nachzugehen, ob es beim Galoppieren eines Pferdes einen Moment gibt, in dem alle vier Beine den Boden berühren. Die „echte“ Alice, die uns später in der Geschichte von Charles Lutwidge Dodgson aka Lewis Carroll ins Wunderland entführte …

Diese Zeitmaschine ist eine packende Fundgrube zum Stöbern, Ansehen und Nachlesen – Geschichten aus der Geschichte! Was den meisten Fotos jedoch technikbedingt fehlt ist Farbe. Doch auch das lässt sich lösen … 

retronaut_02.jpg

Denkt man an früher, an die Zeit vor der Verbreitung von R, G und B oder C, M, Y und K, kann es schnell geschehen, dass die Dinge farblos gedacht werden. Dabei war die Welt ja auch damals schon bunt. Grund genug, das Schwarz-Weiß zu kolorieren, um die Geschichte mit einem farbenfroheren Blick zu erfahren.

Dynamichrome ist ein Unternehmen, das sich eben dieser Farbrekonstruktion verschrieben hat. Oben zu sehen: Offizielle in einem Segment einer Rohrleitung, welches für den Bau der Hoover-Talsperre benötigt wird. Das Jahr: 1935. Von Farbe war zumindest in diesem Bild ursprünglich keine Spur (siehe ganz oben, Titelbild).

Bei der Nachkolorierung von alten Aufnahmen greifen die Bildbearbeiter auf zwei Hauptinformationen zurück: Zum einen suchen sie nach Elementen im Bild, die im Verlaufe der Zeit weitgehend unverändert blieben, so wie die geologischen Formationen im Hintergrund des Hoover-Talsperren-Bildes. Zum anderen ziehen sie Farbinformationen aus moderneren Aufnahmen. Eine gehörige Portion Erfahrung sowie Farbgefühl und -wissen gehören sicherlich auch dazu.

Wie der Gesamtprozess der Nachkolorierung abläuft und wie die Fotos zugleich restauriert und damit auch von Schönheitsfehlern bereinigt werden, zeigen die folgenden Zeitraffer-Videos. Im ersten Clip ist Jug „Jammie“ Reynolds zu sehen, bekannt als „The Human Fly“. 1917 begab er sich auf das „Landsburgh Furniture“-Gebäude in Washington DC und balancierte am Rande des Abgrunds. Das Original von Harris & Erwing und das Ergebnis der Nachbearbeitung können hier im Detail verglichen werden.

 

Euer Jens

Bildquellen: Screenshots unbound/The Paper Time Machine

 

Zurück in die Gegenwart – „Retronauting“ und Farbrekonstruktion

lalelu44

Noch nicht viel geschrieben

Das Projekt finde ich gelungen, mich würde interessieren, wie lange die beiden für Recherche und Kolorierung je Bild brauchen!
 
G

Gelöschtes Mitglied 250400

Guest

Wieder ein echt interessantes Thema. Ich hätte nicht die Geduld und Ausdauer für so eine Nachkolorierung.
 
Bilder bitte hier hochladen und danach über das Bild-Icon (Direktlink vorher kopieren) platzieren.
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