AW: Showroom sepiaschale
Hallo ggvideo! Du hast es so gewollt!
Das waren ziemlich genau ein Jahr lang jeden Donnerstag von 18.OO Uhr bis in die Puppen, also so ungefähr 364 Stunden. Aber laß dich nicht blenden, die dritte Frau ist miserabel geworden, man kann sie nur nicht auf dem Foto sehen. Und die Fotos habe ich mit viel Aufwand in der Werkstatt geschossen. Stell dir die staubige Bude vor: und du möchtest mit schwarzen Tüchern und zig Lampen Fotos machen, weil dir jedes Blitzlicht die Schatten und Konturen tillt. Ich bin ja kein Fotograf. Und machst du Fotos bei Tag mit Streulicht, wird es fürchterlich langweilig. Es hat einen ganzen Tag in Anspruch genommen, denn das Dingen wiegt schlappe 150 kg (nach der Bearbeitung). Nicht so das, was man Spaß nennt!
Ich zeichne auf den Stein die Konturen und dann geht´s los. Erst grob, dann immer feiner. Unheimlich viel Zeit geht für das Betrachten drauf. Dann aber habe ich absolut keine Hemmungen mehr, richtig brutal einen halben Zentimeter an der Kontur entlang zu braten. Macht du das nicht, verdoppelt sich die Zeit des stupiden Wegarbeitens. Jedes Werkzeug hinterläßt andere Spuren. Die mußt du nutzen, um damit z.B. eine Kniescheibe schon mal anzudeuten. Das hilft beim Gucken. So arbeite ich als Bildhauer und das ist dann aber auch mein Problem beim Zeichnen. Es hat ewig gedauert, zu begreifen, das eine Zeichnung anders gehandhabt werden muß. Wenn man da nur auf Kontur aus ist, bekommt man eine Comicfigur.
Stell dir nur das Arbeiten nicht so malerisch vor. Du benutzt alles an Maschinen, was du greifen kannst. Von kleinen Fräsern a la Zahnarzt bis Flex mit ø 20 cm Blatt und jede Menge Preßluftwerkzeuge. Alles ist laut, staubig und dreckig. Am Ende das Abends hast du dieselbe Farbe wie die Figur und siehst während des Arbeitens mit Schutzbrille, Atemschutz und Gehörschutz aus wie ein Insekt. Wenn die Formen sitzen, geht es ans Schleifen und Polieren. Von ganz grob bis zur Politur sind das 8 - 10 Körnungen. Wenn es keine Maschine mehr macht, dann eben von Hand mit Marmorpfeilen und Papier. Ich schau mal zu Hause nach Fotos, die die Figur in Zwischenstadien zeigen. Ich laß mich einfach Treiben, stelle fest, ich muß hier einfach was völlig ändern, und dann wird halt umgearbeitet. Anfangs saß noch ein kleines Kind am Knie der obersten Figur. Das mußte im Laufe der Prozesses dran glauben. Das größte Problem ist, vor dem Sägestück zu stehen und anzufangen. Nichts ist demotivierender als dieser Klotz Stein, der absolut nicht bearbeitet werden will. Hat man endlich angefangen, gehts eigentlich problemlos weiter. Kompromisse muß man machen, aber Zeichnungen brauche ich nicht. Man kann zwar auch genau nach Modell oder Zeichnung ein Tonmodell machen, das in Gips abgießen und dann 1 : 1 in Naturstein übertragen. Das geht, macht mir aber keinen Spaß.
Die Tierchen auf den Mauerpfeilern haben meine Azubis gearbeitet.
So, ein kleiner Ausflug war das, ich hoffe, ausnahmsweise ist das genehmigt.
Liebe Grüße, sepiaschale